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Dienstag, den 30. Mai 1995, in Wien (RC)
INHALT
1. KONZEPTION DER VERANSTALTUNG Frauenforschung in der VR China
Anläßlich der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking
Im September 1995 treffen sich rund fünfzehntausend Frauen aus der ganzen Welt darunter auch Frauen aus Österreich zur 4. Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen sowie zum parallel stattfindenden Forum der NichtRegierungsOrganisationen (NGOs) in Peking. Es gibt viele Vorbereitungstreffen dafür, kaum aber Veranstaltungen und Informationen über das gastgebende Land, die VR China, und die Situation der Frauen, der Frauenbewegung und Frauenforschung dort. Dies veranlaßte uns, diese Veranstaltung zu organisieren.
Fragen wie die folgenden interessieren uns: Wohin soll die Frauenforschung gehen? Welche Intentionen und Möglichkeiten hat sie unter solchen unterschiedlichen Rahmenbedingungen zweier gleichwohl ähnlich patriarchalischer Systeme? Was können wir voneinander lernen? Wie könnte eine Zusammenarbeit unter Frauen aussehen?
Mag. Maresa Pirker und Mag. Helga Mossgöller von der AG Frauenrechte Menschenrechte berichten für die NGO-Plattform Österreich über Bezüge der österreichischen Frauenbewegung zu China bei den Vorbereitungen zur Weltfrauenkonferenz. Im Zentrum der Veranstaltung steht der Vortrag zur Frauenforschung in China, die in den neunziger Jahren verbunden mit den Umbrüchen in der chinesischen Gesellschaft einen spannenden Aufschwung erlebte und seither eine reiche Vielfalt von Ansätzen, Positionen und Themen entwickelt hat. Vortragende ist in Vertretung der durch Krankheit verhinderten Berliner Sinologin Mag. Nicola Spakowski von der Freien Universität Berlin die Sinologin Dr. Helga Natschläger von der Universität Wien. Der Titel ihres Vortrages zitiert eine der wichtigsten Vertreterinnen der Frauenforschung in der VR China, Li Xiaojiang, die anläßlich einer Reise in einige westliche Länder ihre Erfahrungen mit Feministinnen hier in den Worten zusammenfaßte:
"Wir hören euch an und gewinnen dadurch viel. Ihr hört uns nicht an und verliert dadurch viel!"
Li Xiaojiang lehnt die Konzepte "Androzentrismus" und "Feminismus" (chinesisch Feminozentrismus) für chinesische Verhältnisse als unzutreffend ab und verlangt, als Voraussetzung für einen Vergleich der Frauenfrage in China und im Westen, "die Quellen sprechen zu lassen". Damit auch wir daraus etwas gewinnen und gleichzeitig mehr Möglichkeiten zum interkulturellen Dialog schaffen können, versucht Dr. Helga Natschläger, ein Verständnis von der Komplexität der Frauenfrage im Kontext der chinesischen Gesellschaft zu vermitteln und über Standort und Orientierungen der Frauenforschung in China zu informieren. In der vergleichenden Diskussion können wir unser Selbstverständnis vertiefen und mehr historisches Bewußtsein entwickeln für unsere kulturell und gesellschaftlich spezifischen Dimensionen der Geschlechterverhältnisse.
Ergänzend wird in dieser Dokumentation ein anläßlich unserer Veranstaltung für die Zeitschrift "Frauensolidarität" verfaßter, für uns überarbeiteter Beitrag von Mag. Nicola Spakowsi publiziert, der dort nicht mehr erscheinen konnte.
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2. WAS BEWEGT DIE WELTFRAUENKONFERENZ?
Bericht der NGO-Plattform für Peking
von Mag. Maresa Pirker und Mag. Helga Mossgöller
II. Die 4. WFK "Equality, Development and Peace" in Peking 1995
III. Die "Platform for Action"
Im Jahre 1946 wurde die Kommission über die Rechtsstellung der
Frau (Commission on the Status of Women = CSW) eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es, Empfehlungen und Berichte
über die Förderung von Frauenrechten im politischen, wirtschaftlichen
und sozialen Bereich auszuarbeiten. Ursprünglich gehörten ihr
15 Mitglieder an, heute sind es 45. Seit 1987 finden die Treffen
der Commission on the Status of Women jährlich statt.
Die Kommission erarbeitet Vorschläge, die von der Generalversammlung
angenommen werden müssen, damit sie später von den einzelnen Staaten
ratifiziert werden können. Die erste war die Konvention über "Politische
Rechte der Frau", sie wurde 1952 von der Generalversammlung angenommen
und trat 1954 in Kraft. Zur Zeit der Gründung der Vereinten Nationen
gewährten nur 30 von 51 Mitgliedstaaten ihren Staatsbürgerinnen
das aktive und passive Wahlrecht und sonstige politische Rechte.
Heute sind diese politischen Rechte lediglich den Frauen einiger
arabischer Staaten vorenthalten. (Bahrain, Kuwait, Oman, Quatar,
Saudi Arabien, die Vereinigten Arab. Emirate)
Es wurden in der Folge verschiedene Konventionen ausgearbeitet,
die für Frauen bedeutungsvoll waren:
*) Convention for the Supression of the Traffic in Persons and
of the Exploitation of the Prostitution of Others, 1949
*) ILO Konv. 100 über "Equal Remuneration for Men and Women Workers
for Work of Equal Value, 1953
*) Convention of the Nationality of Married Women, 1957 *) ILO
Konv. 111 über "Discrimination in Respect of Employment and Occupation,
1960
*) Convention on Consent to Marriage, Minimum Age for Marriage
and Restration of Marriages, 1962
*) UNESCO Konvention gegen Diskriminierung im Bildungswesen, 1962.
Mit dem Eintritt der jetzt unabhängigen ehemaligen Kolonialstaaten
in die UNO begannen sich die Themenstellungen der Commission zu
erweitern. Themen wie: Ernährungsfragen von Müttern und Kindern,
Mutter-Kind-Gesundheit, Frauen und Community Development, Bevölkerungsprobleme
und vieles mehr wurden diskutiert.
Auffallend dabei ist, daß Frauen in "Entwicklungsländern" nicht
als gleichwertig wahrgenommen wurden, sondern vielmehr als Empfängerinnen
von Hilfsprogrammen und zwar hauptsächlich im Gesundheitsbereich.
Anfang der 70er Jahre herrschte große Unzufriedenheit mit der
Umsetzung diverser Konventionen.
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1973 brachte die Kommission bei der Generalversammlung den Antrag
ein, 1975 zum Jahr der Frau zu erklären. Im Zuge der Vorbereitungen auf das Internationale
Jahr der Frau, faßte die Commission on the Status of Women im
Frühjahr 1974 den Entschluß, eine Weltfrauenkonferenz zu veranstalten.
Die erste Weltfrauenkonferenz (WFK) fand in Mexico City im Juni und Juli 1975 statt. Das Motto dieser und aller weiteren WFK war: Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden.
Die Parallelveranstaltung der nichtstaatlichen Organisationen,
die sog. "Tribune of Mexico" stand ebenso wie die offizielle Konferenz im Zeichen der Auseinandersetzung
zweier grundverschiedener Ansätze zur WFK: auf der einen Seite
jene Frauen, die feministische Aspekte herausarbeiten wollten,
auf der anderen jene, die nach der Veränderung machtpolitischer
Verhältnisse strebten. Die Frauen aus dem Westen kämpften um eine
gleichberechtigte Stellung innerhalb ihrer Gesellschaft, die Frauen
des Südens forderten konkret die Aufhebung des Imperialismus.
Trotz all der großen Gegensätze bei der ersten Konferenz brachten
sie doch die vielen gemeinsamen Anliegen der Frauen der Welt zutage
und rückten die Anliegen der Frauen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.
Es wurde ein Weltaktionsplan verabschiedet, der hauptsächlich
die Errichtung von national machineries (staatl. Einrichtungen
zur Frauenförderung) vorsieht. Die behandelten Themen: Politik,
Bildung, Ausbildung, Beschäftigung, Gesundheit und Ernährung,
Familie, Bevölkerung und Wohnungswesen.
Die Jahre 1975 bis 1985 wurden von den Vereinten Nationen als die "Dekade der Frau" ausgerufen.
Eine der wichtigsten UN-Deklarationen wurde im Dezember 1979 herausgegeben:
Konvention über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung
der Frau (Convention on the Elimination of all Forms of Discrimination Against
Women CEDAW). Sie enthält eine Fülle konkreter Maßnahmen um die Benachteiligung
von Frauen in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens
zu überwinden und wurde 1982 von Österreich ratifiziert.
Die 2. Weltfrauenkonferenz 1980 in Kopenhagen war geprägt vom Drängen der Staaten des Südens und der sozialistischen
Staaten auf die Errichtung einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung,
die Beendigung der Apartheid und die Lösung der Palästinafrage.
Die westlichen Länder lehnten diese Forderungen jedoch kategorisch
ab, da dies keine Frauenfragen seien.
Im Vorfeld der 2. WFK entstand das wohl bekannteste UNO-Zitat
in bezug auf Frauenfragen: "Frauen leisten nahezu zwei Drittel aller Arbeitsstunden, erhalten
nur ein Zehntel des Welteinkommens, und verfügen über weniger
als ein Hundertstel des Weltbesitzes."
Obwohl oder gerade weil im Zuge der Vorbereitungen für die Zweite
WFK immer offensichtlicher wurde, daß patriarchale Machtstrukturen
in Frage gestellt werden mußten, und daß auch in Ländern der sog.
Dritten Welt die Benachteiligung und Unterdrückung von Frauen
nicht mehr nur als Folge von Kolonialismus und Neokolonialismus
begriffen werden konnte, wurde die Konferenz in Kopenhagen zum
Höhepunkt staatspolitischer Schaukämpfe und eines erbitterten
Ringens zwischen "Equality, Development and Peace".
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Zur Umsetzung der vorgeschlagenen Strategien, wurden von der UNO verschiedene Maßnahmen ergriffen. Ein wichtiges Instrument dafür war der "SystemWide MediumTerm Plan for Women in Development. 19901995". Er geht davon aus, daß die ins Auge gefaßten Aufgaben über die traditionellen Bereichsgrenzen hinausgehen, innerhalb derer die Arbeit der Vereinten Nationen organisiert ist. Er schlägt die Errichtung von focal points vor und enthält Anleitungen für die Koordination, Kontrolle und Bewertung dieser Vorhaben.
Aus Einsparungsgründen gab es zwischen 1985 und 1995 keine Weltfrauenkonferenz. Allein diese Tatsache weist schon darauf hin, daß das öffentliche Engagement für Frauenfragen nachließ.
Andererseits gelang es den Frauen, neue Themen aufzugreifen und
bei anderen wichtigen Anlässen einzubringen. Erwähnt sei hier
nur die Einforderung der Frauenrechte als Menschenrechte bei der
Menschenrechtskonferenz in Wien 1993.
Dabei konnte erreicht werden, daß Gewalt gegen Frauen ausdrücklich
als Menschenrechtsverletzung anerkannt wird.
Im Laufe der Jahre nahm die Bedeutung der NGOs immer weiter zu, ihre Kompetenz und Hartnäckigkeit verliehen ihnen zunehmend Gewicht bei den Verhandlungen mit den Vereinten Nationen und machte sie schließlich zu einem unverzichtbaren Bestandteil aller großen UN-Konferenzen.
Seit Mitte der 80er Jahre gibt es eine zunehmend auch genderorientierte Entwicklungspolitik, d. h. Berücksichtigung der Beziehungen zwischen den Geschlechtern und besonders der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten als Schlüsselfakoren.
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II. Die 4. WFK "Equality, Development and Peace" in Peking 1995
Zur Zeit steckt man mitten in den Vorbereitungen zur 4. UN Weltfrauenkonferenz
und zum NGO Forum 1995.
Von den Vereinten Nationen wurde Mrs. Gertrude Mongella (Tanzania)
zur Generalsekretärin der Konferenz ernannt, die nun mit ihrem
Büro und der Abteilung für den Fortschritt der Frau (Division
for the Advancement of Women) für die Organisation der Konferenz
und die Vorbereitung des zu verabschiedenden Papieres verantwortlich
ist.
Ihr zur Seite steht die Commission on the Status of Women als
Vorbereitungskomitee der Konferenz. Die Commission on the Status
of Women tagte im Zuge der Vorbereitungen bisher dreimal; zuletzt
Mitte März bis Mitte April in New York, wo die Endfassung des
Draft der "Platform for Action" erstellt werden sollte. Davor waren von den NGOs und den Regierungen
in den sog. Regionalen Votbereitungskonferenzen und den jeweils
kurz davor stattfindenden NGOForen die Vorschläge für die "Platform
of Action" erarbeitet worden.
Das NGO Forum "Look at the World Through Women's Eyes"
Das NGO Forum steht in diesem Jahr unter dem Motto "Look at the World Through Women's Eyes".
Eben dieses NGO Treffen ist es aber, das derzeit in den Medien
für Schlagzeilen sorgt. Das ursprünglich für die Abhaltung des
Forums vorgesehene Gelände des Arbeiterstadions in Peking, unweit
des Ausstellungsgeländes auf dem die offizielle UNKonferenz stattfinden
wird, wies, wie die chinesischen Organisatoren es nennen, strukturelle
Probleme auf. Die vom China Organizing Committee vorgeschlagene
Alternative Huairou, etwas außerhalb von Peking gelegen, wurde
nach einem Lokalaugenschein vom NGO Forum Organizing Committee
und heftigen Protesten sowohl von Frauen als auch deren Regierungen,
als inakzeptabel abgelehnt und den Chinesen zwei andere Vernstaltungsorte
vorgeschlagen. Am 24. Mai 1995 soll es zu Gesprächen zwischen
den Organisatoren des NGO Forums und den chin. Veranstaltern kommen.
Es sieht aber bisher nicht so aus, als wre man von chinesischer
Seite her gewillt, auf diese Vorschläge einzugehen.
Am 13.6.1995 wurde als entgültiger Veranstaltungsort für das NGO
Forum der Ort Huairou festgelegt. Der Vorschlag wurde angenommen,
als die chinesische Regierung sich verpflichtete alle Anmeldungen
für das NGO Forum zu akzeptieren (36 000 Frauen werden erwartet)
und allen ein Visum zu gewähren. Wichtig ist auch, daß den NGOs
zwei Satellitentagungsorte in der Nähe der Konferenz zugesichert
wurden, um effizientes Lobbying betreiben zu können.
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Die österreichischen Vorbereitungen auf diese WFK
1. Das Nationalkomittee
Von der früheren Frauenministerin Johanna Dohnal wurde bereits
im Herbst 1993 ein Nationalkomitee zur Vorbereitung der WFK eingesetzt.
Dieses Nationalkomitee wurde von Frau Dr. Ilse König vom Institut
für Konfliktforschung koordiniert und sollte allen interessierten
Frauen die Möglichkeit zur Mitarbeit an Aktionen im Hinblick auf
die WFK geben.
2. Interministerielle Arbeitsgruppe und NGOs
Ebenfalls noch von Johanna Dohnal einberufen wurde eine Arbeitsgruppe
der Frauenbeauftragten aus den verschiedenen Ministerien, die
durch 5 NGO Frauen ergänzt wird. Die Einbindung der NGOs resultiert
aus einem Vorschlag von NGO Frauen an die Frauenministerin nach
der ECEKonferenz (Wien, 17.-21. Oktober 1994). Ziel dieser AG
ist die Ausarbeitung eines österreichischen Standpunktes zur Platform
for Action. Darüberhinaus erwartet sich die neue Frauenministerin
Dr. Helga Konrad von den einzelnen Ministerien und den NGOs auch
konkrete Vorschläge zur Umsetzung der "Platform for Action" nach
der WFK; auch wenn die finanziellen Mittel zur Implementierung
wahrscheinlich sehr gering sein werden.
3. Die NGO Plattform für Peking
Die NGO Plattform stellt eine Gruppe von Frauen aus den verschiedensten
Frauenorganisationen oder Organisationen dar, die sich mit Frauenfragen
befassen, sowie von interessierten Einzelfrauen, die sich gemeinsam
auf die WFK vorbereiten wollen. Die Initiative zur Begründung
dieser Plattform ging vom Verein Frauenrechte Menschenrechte aus,
der sich durch die Vorbereitungen zur Menschenrechtskonferenz
in Wien 1993 konstituiert hat und seither intensiv an der Durchsetzung
von Frauenrechten als Menschenrechten sowohl auf nationaler als
auch auf internationaler Ebene arbeitet. Im Zuge der Nachbereitungen
der regionalen Vorbereitungskonferenz der ECEStaaten in Wien im
Oktober 1994 entstand die Idee, eine Plattform für Peking einzurichten
und alle interessierten Frauen zur Mitarbeit einzuladen. Aus den
Reihen unserer Plattform wurden dann auch fünf Vertreterinnen
gewählt, die die Anliegen der NGOs in die Arbeitsgruppe der Ministerien
und damit in den offiziellen Länderbericht Österreichs einbringen
sollen.
Unser Anliegen ist es, die WFK in Österreich zu thematisieren,
die Frauen in Österreich besser zu vernetzen, und schließlich
werden wir auch gemeinsam nach Peking reisen, um unsere Anliegen
zu vertreten.
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