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III. Die "Platform for Action"
Die Platform for Action ist jenes Papier, das in Peking von den
Regierungen als Aktionsprogramm für die nächsten fünf Jahre verabschiedet
werden soll.
Zur Zeit umfaßt der Text dieser "Aktionsplattform" etwa 150 Seiten
zu den zwölf großen Themenbereichen der WFK. Durch die kontroversiellen Ansätze der verschiedenen
Länder, Religionsgemeinschaften und sonstiger Gruppen konnte in
vielen Punkten noch keine Einigung erzielt werden, das heißt,
etwa 40 Prozent des Textes stehen noch in Klammern, beziehungsweise gibt es bei verschiedenen Paragraphen mehr als
eine Version.
Bei jedem dieser Bereiche wurden die aktuelle Situation der Frau,
die strategischen Ziele und die zu ergreifenden Maßnahmen herausgearbeitet.
Bevor man jedoch zum Beispiel in New York bei der Comission on
the Status of Women in medias res gehen konnte, mußte ein Angriff
auf das Wort "gender" abgewehrt werden, denn eine Delegation hatte
verlangt, dieses Wort aus dem gesamten Text zu entfernen. Eine
Einigung wurde insofern erzielt, als das Wort gender überall in
der vorläufigen "Platform for Action" mit einem Sternchen versehen
ist, und eine Kommission eingesetzt wurde, die eine allgemeingültige
Definition des Wortes "gender" finden soll.
Die Bereiche, die im September in Peking diskutiert werden sollen, sind:
1. Überwindung der Armut "The persistent and increasing burden of poverty on women"
Es wird festgestellt, daß eine Milliarde Menschen unter inakzeptablen Bedingungen der Armut lebt, die meisten davon sind Frauen. Dabei ist die Anzahl der Frauen, die in Armut leben überproportional gestiegen. Ein wichtiger Faktor für die Gleichberechtigung/Ermächtigung ("Empowerment of Women") ist die Überwindung der Armut. Die Armut der Frauen steht in direktem Zusammenhang mit dem fehlenden Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten und Autonomie. Auch in vielen entwickelten Staaten wurden Frauen Opfer der wirtschaftlichen Rezession der letzten Jahre.
Schritte zur Überwindung der Armut: Ziel ist es, die Armut der Frauen durch nachhaltige Entwicklung ("sustainable development") zu überwinden. Regierungen sollten ihre Programme auf die Geschlechtsperspektive ("gender perspective") hin überprüfen. Die Regierungen sind aufgefordert, ein Krisenmanagement für Frauen in Armut aufzustellen, wenn nötig eigene Strategien für Frauen als Haushaltsvorstände/ Antiarmutsprogramme (Arbeitsplatzsicherung,...) usw. zu erarbeiten. Umstritten ist dabei noch der §46 über Migrantinnen und Randgruppen.
Neu aufgenommen wurde in das Draft: die Förderung von Frauen als
Produzentinnen in der Landwirtschaft und Fischerei.
Bestehende soziale Sicherheitssysteme sollen dahingehend überprüft
werden, ob Frauen und Männer den gleichen Zugang zu ihnen haben.
Alle Maßnahmen sollten auch für indigene Frauen gelten.
Arbeitsauftrag an internationale Institutionen: darin ist der §47 umstritten, in dem internationale Institutionen aufgefordert werden, die Armut in Drittweltländern zu bekämpfen. Frauen sollten einen besseren Zugang zu Krediten haben. Es wird ein Schuldenerlaß für Drittweltländer gefordert, damit Frauenförderprogramme durchgeführt werden können. NGOs sind aufgefordert, alles zu mobilisieren, damit Anitarmutsprogramme greifen können. Es wird betont, daß staatliche Programme nicht durch die NGOs ersetzt werden können.
2. Zugang zu Bildung und Ausbildung für alle Frauen "Unequal access
to or inadequate educational and training opportunities of good
quality at all levels"
Bildung ist ein grundlegendes Menschenrecht und damit die Voraussetzung
für die Erreichung der Ziele von Gleichberechtigung, Entwicklung
und Frieden. In der Platform for Action wird die Wichtigkeit der
Alphabetisierung der Frauen betont. Es wird auf die "World Declaration
on Education for all", der Weltkonferenz zur Bildung verwiesen.
Weiters wird festgestellt, daß 60 Millionen Mädchen keinen Zugang
zu primärer Bildung haben und mehr als zwei Drittel der 960 Millionen
erwachsenen Analphabeten Frauen sind. Betont wird der erschwerte
Zugang zu Bildung aufgrund der Doppelbelastung von Frauen und
Mädchen.
Als Ziel wird in der Platform for Action die Sicherung des gleichen
Zugangs zu Bildung vorgegeben. Dabei sollten bis zum Jahr 2000
achtzig Prozent der Schulkinder Volksschulbildung haben; bis zum
Jahr 2005 soll die Geschlechterkluft bei primärer und sekundärer
Bildung geschlossen sein; und bis zum Jahr 2015 sollen 100 Prozent
eine Volksschulbildung haben;
Wert gelegt wird auch darauf, daß die finanziellen Rahmenbedingungen
für den gleichen Zugang zu Bildung geschaffen werden sollen. Umstritten
ist §63 b, nach dem die Freiheit des Gewissens und der Religion
in Bildungsinstitutionen respektiert werden sollen. So könnten
islamische Splitterguppen sich im Bemühen um die Einführung der
Tschadorpflicht in europäischen Ländern darauf berufen.
Ein weiteres Ziel ist die Überwindung des Analphabetismus der
Frauen bis zum Jahr 2001. Umstritten ist die Forderung, daß erzieherische
Modelle gefunden werden sollen, die Buben genauso wie Mädchen
in die Haushaltsarbeit einbeziehen. Ebenso bekämpft wird die Forderung
nach mehr Verantwortung von beiden Geschlechtern, so auch beim
Sex. Neu aufgenommen werden soll der Respekt gegenüber den künstlerischen,
spirituellen und kulturellen Aktivitäten von indigenen Frauen.
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3. Recht von Frauen auf gesundes Leben und gesundheitliche Betreuung "Inequalities in health care and related services"
Frauen sollen Zugang zum bestmöglichen Standard physischer und
mentaler Gesundheit haben. Gesundheitprogramme lassen die Unterschiede
der Geschlechter oft außer acht. In der Platform for Action wird
Kritik am zunehmenden Sparkurs in der Gesundheit und an der Privatisierung
derselben geübt. Umstritten ist die Feststellung, daß viele Frauen
nicht eigenmächtig über ihren Körper bestimmen können. Zu den
Reproduktionsrechten soll das durchgesetzt werden, was bereits
in Kairo verabschiedet wurde. Unter diesem Punkt sind viele Details
umstritten wie:
*) die Definition von reproductive health bzw. the reproductive
rights of men, women or couples;
*) Abtreibung soll nicht vom Staat forciert werden; es soll genügend
Information über Familienplanung erteilt werden, damit sich jedes
Paar frei entscheiden kann. Risikoreiche Abtreibungen sollen verhindert
werden.
Ziele: Der freie Zugang zu medizinischer Versorgung soll lebenslang
gewährleistet sein. Die Beschlüsse von Kairo und Kopenhagen sollen
umgesetzt werden; dabei ist die Formulierung "volle Information
der Frauen über medizinische Eingriffe, Medikamente oder andere
Behandlungsmöglichkeiten" umstritten. Umstritten ist auch der
Schutz für Schwangere und stillende Frauen sowohl am Arbeitsplatz
als auch zu Hause. Präventivprogramme müssen verstärkt werden;
ebenso Programme, die die reproduktiven Rechte der Frau und den
verantwortungsvollen Umgang mit Sex von Mann und Frau fördern.
Mißbrauch soll verhindert werden und Frauen sollen verstärkt vor
AIDS geschützt werden.
Witz am Rande: umstritten ist auch die Forderung nach Abstinenz
von Männern bis zur Heirat.
4. Umfassende Aktionen gegen Gewalt an Frauen "all forms of violence against women (and the girl child)"
Umstritten ist die Feststellung, ob die Menschenrechte der Frau universal sind oder nicht. Unter Gewalt gegen Frauen wird die physische, sexuelle und psychologische Gewalt verstanden, die in der Familie oder in der Gesellschaft auftreten kann, oder durch den Staat ausgeübt wird. Umstritten ist, ob Terrorismus, Zwangssterilisation, Zwangsabtreibung, erzwungener Gebrauch von Verhütungsmitteln, Abtreibung weiblicher Föten und Tötung von weiblichen Neugeborenen eine Verletzung der Menschenrechte darstellt. Umstritten dabei sind die Formulierungen: Gewalt gegen Frauen ist ein Hindernis zur Erreichung der Ziele von Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden. Sowie der Satz: Gewalt gegen Frauen verletzt die Menschenrechte der Frau und ihre grundlegenden Freiheiten.
Ziele im Bereich Gewalt gegen Frauen sind die Eliminierung von Gewalt gegen Frauen, Erforschung der Gründe von Gewalt gegen Frauen und die Entwicklung effektiver Methoden der Prävention. Weiters sollen Maßnahmen gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution ergriffen werden.
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5. Frauen im Krieg und anderen bewaffneten Konflikten "Advance Peace, Promote Conflict Resolution and Reduce the Impacts of Armed or Other Conflict on Women"
Zu Beginn dieses Kapitels wird festgehalten, daß seit dem Kalten
Krieg bewaffnete Konflikte nicht abgenommen haben, und daß sie
immer eine Verletzung der Menschenrechte darstellen. Neu ist der
Paragraph 100, in dem auf die Genfer Konvention und deren Zusatzprotokolle
aus dem Jahr 1949 zurückgegriffen wird, die Frauen einen besonderen
Schutz gegen Übergriffe auf ihre Würde, im speziellen gegen Vergewaltigung
und Zwangsprostitution sichern soll. Die zu ergreifenden Maßnahmen
sollten vor allem auf Friedensbildung und Vorbeugung gegen bewaffnete
Konflikte abzielen.
Umstritten ist der Satz: "Besonders betroffen durch bewaffnete
Konflikte,... sind Frauen und Mädchen aufgrund ihres gesellschaftlichen
Status und ihres Geschlechts." Frauen und Kinder machen 80 Prozent
der 23 Millionen Flüchtlinge und der 26 Millionen Randgruppen
(oder ausgegrenzten) aus.
Heftige Diskussionen gibt es auch bei den Aussagen bezüglich militärischer
Ausgaben und Abrüstung. Viele NGOs fordern die Verringerung der
militärischen Ausgaben weltweit und die Verringerung des Waffenhandels.
Beim Ziel 1: Verstärkte Teilnahme von Frauen in der Klonfliktlösung und Entscheidungsprozessen, sowie bei Sicherheitsaktivitäten und dem Schutz von Frauen in bewaffneten Konflikten und unter fremder Besatzung, gibt es fast ausschließlich Klammertext.
Ziel 2: Reduzierung von Militärausgaben und der Verfügbarkeit von Instrumenten der Gewalt gegen Frauen.
Die Position von Frauen soll auf allen Ebenen der Friedenssicherung gestärkt werden. Umstritten ist die Forderung 106 e nach Abschaffung aller Massenvernichtungswaffen, besonders der Atomwaffen.
Besonders betont wird auch die Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen
in Konfliktsituationen: Aufforderung zur Ratifizierung der Genfer
Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung.
Umstritten ist die Anerkennung von Vergewaltigung als Kriegsverbrechen!
Wichtig ist die Wahrung der Rechte von Flüchtlingsfrauen und ausgegrenzten
Frauen, umstritten dabei ist die Forderung, daß "Flüchtlingen
die sichere Rückkehr in ihr Heimatland gewährt wird, sowie deren
Zugang zu adäquater Versorgung mit Wasser, ihr Schutz und eine
medizinische Versorgung." Die Weltgemeinschaft wird aufgefordert,
Länder, die Flüchtlinge aufnehmen finanziell zu unterstützen,
damit Krisensituationen besser bewältigt werden können. Auch um
die Aufnahme dieses Passus wird noch gerungen.
Umstritten ist die Forderung nach Unterstützung von Frauen, die
aufgrund von Terrorismus, Gewalt, Drogenhandel oder anderer Gründe
ihr Land verlassen haben.
6. Ungleicher Zugang von Frauen zu und Teilnahme von Frauen an der Definition wirtschaftlicher Strategien und Maßnahmen, inklusive des Produktionsprozesses "Inequality in women's access to and participation in the definition of economic structures and policies (and the productive process inself)"
Frauen fehlen weltweit in jenen Positionen, wo Entscheidungen und Definitionen hinsichtlich Wirtschaft, Staatshaushalt, Handel und Politik, getroffen werden. Die Beschäftigungsrate von Frauen hat in den letzten Jahren zwar stark zugenommen, die Geschlechtersegregation und Minderentlohnung von Frauen bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit, besteht im privaten als auch im öffentlichen Sektor weiter. Viele Faktoren sind verantwortlich für die Diskriminierung von Frauen im wirtschaftlichen Bereich wie beispielsweise die Diskriminierung in der Ausbildung, unflexible Arbeitszeiten, kein Zugang zu Ressourcen, ungleiche Aufteilung der Verantwortlichkeit gegenüber der Familie, zuwenig Kindertagesstätten usw. Umstritten ist der Passus, daß der unbezahlte Beitrag von Frauen im Haushalt, in der Landwirtschaft, in der Lebensmittelproduktion, in Familienunternehmen, in der Gemeindearbeit usw. in aktuelle Statistiken nicht aufgenommen ist, und daher im Bruttonationalprodukt einzelner Länder nicht berücksichtigt ist. Noch keine Einigkeit konnte auch bei der Feststellung erzielt werden, daß die Globalisierung der Wirtschaft, die Entwicklung von eigenen Initiativen von Frauen behindert. Niedergeschrieben wurde aber, daß Frauen besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind und darüber hinaus zunehmend unbezahlte Arbeit wie Kinderpflege und Haushaltsführung für das allgemeine Wohl übernehmen.
Die Ziele in diesem Bereich lauten daher: Die Eigenständigkeit der Frauen soll gefördert werden, der Zugang zu Beschäftigung soll verbessert werden. Die Staaten werden aufgefordert, Gleichberechtigung auf gesetzlicher und praktischer Ebene herzustellen. Umstritten ist die Forderung, Drittweltländern die technischen und finanziellen Mittel bereitzustellen, Daten für die unbezahlte Arbeit zu sammeln und im Bruttonationalprodukt zu berücksichtigen. Weiters ist die Forderung umstritten, daß transnationale Unternehmungen den nationalen Gesetzen und Bestimmungen unterliegen und sowohl Maßnahmen zur sozialen Sicherheit als auch international geltende Gesetze des Umweltschutzes befolgen müssen. Frauen sollen auch als Unternehmerinnen gefördert werden. Als Zielbestimmung wird auch die Eliminierung der Segregation und aller Formen der Diskriminierung bei Anstellung eingebracht und die Schaffung eines flexibleren Arbeitsmarktes gefordert. Noch keine Einigung wurde bei der Forderung nach besonderem Schutz der zur Zeit noch ungeschützten Arbeitsverhältnisse wie Teilzeitarbeit, Saisonjobs, Heimarbeit erzielt. Das gilt auch für die Forderung nach Pflegeurlaub und Erziehungsgeld für beide Elternteile.
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7. Gleichberechtigte Teilnahme von Frauen an Macht und Politik "Inequality between men and women in the sharing of power and decisionmaking at all levels"
Trotz breiter Demokratisierung in vielen Ländern sind Frauen in Entscheidungspositionen, vor allem auf ministerialer Ebene, völlig unterrepräsentiert. Vom Economic und Social Council der Vereinten Nationen (ECOSOC) wurde für das Jahr 1995 eine Rate von 30 Prozent Frauen in allen Entscheidungspositionen auf allen Ebenen gefordert. Weltweit sind derzeit 10 Prozent Mitglieder aller gesetzesgebenden Gremien weiblich und ein noch geringerer Prozentsatz von Frauen besetzt Positionen auf ministerialer Ebene. Vor allem in Ländern mit großen politischen, ökonomischen und sozialen Veränderungen hat sich der weibliche Anteil auf legislativer Ebene verringert. Frauen artikulieren ihre Interessen in erster Linie durch NGOs.
Ziele: Es sollen Maßnahmen geschaffen werden, durch die Frauen der gleiche Zugang und die volle Partizipation an Entscheidungspositionen gewährleistet werden. Noch nicht beschlossen ist der Passus, Maßnahmen zu setzten, um Frauen im politischen Wahlprozeß zu ermutigen und ihren wählbaren Anteil auf das Niveau der Männer zu heben. Auch die Feststellungen, daß die geringe Teilnahme der Frauen in öffentlichen Ämtern damit zusammenhängt, daß Frauen meist die volle Verantwortung für die Kinder tragen und die anschließende Aufforderung adäquate Maßnahmen zu setzen, um familiäre und professionale Verpflichtungen unter den Geschlechtern proportional aufzuteilen, wurden noch nicht beschlossen. Nicht zugestimmt wurde auch der Forderung an die UNO, Strategien und Maßnahmen in allen Verträgen zu entwickeln, die auf eine Gleichverteilung der Geschlechter auf allen Ebenen hinzielen, bei Berücksichtigung der geographischen Unterschiede bis ins Jahr 2000.
Als weiteres Ziel wurde die Forcierung von Frauen in Führungspositionen festgehalten.
8. Integration der Frauenförderung in alle Lebensbereiche "Insufficient mechanisms at all levels to promote the advancement of women"
Trotz vieler Fortschritte in der Frauenförderung sind die staatlichen
Institutionen der Frauenförderung noch viel zu ineffizient eingesetzt.
Es fehlt an Ressourcen, Personal und allgemein an politischer
Unterstützung der Politiker; Ziele:
*) Neuschaffung und Verbesserung staatlicher Einrichtungen zur
Frauenförderung.
*) Integration von geschlechtsanalytisch und geschlechtsspezifisch
interpretierten Perspektiven in die gesetzliche Ebene, in die
öffentliche Politik, in diverse Programme und Projekte. Unter
diese Zielformulierung fällt auch die Aufforderung, daß sämtliche
statistische Analysen geschlechtsspezifisch analysiert sein müssen;
daß die Datensammlung verbessert werden muß, um eine genauere
Erhebung des Frauenanteils in der Wirtschaft, im informellen Sektor,
in der Landwirtschaft, der Industrie, in Klein und Mittelbetrieben,
in Handel und Haushalt durchführen zu können. Der Akzent liegt
darauf, den nichtbezahlten Arbeitsanteil, der meist von Frauen
geleistet wird, zu erheben und zu bewerten und die Ergebnisse
entsprechend zu berücksichtigen. Die Geschlechterperspektive (gender
perspective) muß in die Forschung eingebracht werden. Die Opfer
und Täterforschung muß ausgebaut werden, und die Ergebnisse der
Geschlechterperspektive müssen in allen Bereichen der Frauenförderung
berücksichtigt werden.
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9. Rückhaltloses Eintreten für die Menschenrechte von Frauen "Promotion
and protection of all (universal) human rights of women"
Im Bereich der Menschenrechte für Frauen muß in diesem Dokument
noch vieles erkämpft werden.
Bei den meisten Paragraphen gibt es mindestens 2 Formulierungen,
sehr viel steht in diesem Kapitel noch in Klammer.
In die Platform for Action soll das fehlende Bewußtsein von und
das Bekenntnis zu international und national anerkannten Menschenrechten
von Frauen aufgenommen werden, was aber noch umstritten ist. Ebenso
umkämpft ist der Genuß aller universellen Menschenrechte durch
Frauen.
In der Einleitung findet sich kein klares Statement; z. B. daß jeder Mensch von Geburt auf Menschenrechte und Grundfreiheiten hat, deren Schutz und Förderung die höchste Verantwortung des Staates ist.
Wichtig ist in diesem Bereich die Einforderung der Charta der Vereinten Nationen, die bei der Gründung vor nunmehr 50 Jahren formuliert wurde.
Die Forderung, daß Menschenrechte universell, unteilbar, voneinander abhängig und untereinander verbunden sind, ist noch nicht in das Dokument aufgenommen, obwohl bei der Wiener Deklaration der Menschenrechte 1993 betont wurde, daß Frauen und Mädchen all diese Rechte auch haben.
Drei Viertel aller UNMitgliedsstaaten haben die Konvention zur Eliminierung jeder Form von Diskriminierung der
Frau (CEDAW) angenommen, daher soll die Forderung, aufgenommen werden,
daß die de jure Gleichberechtigung de facto eingeführt wird. Als
Problembereich wird die Justiz gesehen, in der der Frauenanteil
zu gering ist. Die Feststellung, daß Frauen ihre Menschenrechte
nicht genießen können, weil die Diskrepanz zwischen nationalen
und internationalen Gesetzen zu groß ist, steht ebenso in Klammern
wie die "ungenügende Überwachung der Verletzung von Menschenrechte
von Frauen". Noch nicht festgeschrieben ist auch die Feststellung,
daß das ungenügende Einfordern von Familien-, Zivil-, Straf-,
Arbeits- und Wirtschaftsgesetzen oder Verwaltungsregeln... den
Zugang von Frauen zu Menschenrechten untergraben hat.
Einig ist man sich darin, daß gleiche Menschenrechte für Frauen
eines der Hauptziele der Arbeit der UNO werden sollen. Vermehrte
Zusammenarbeit zwischen CSW, Commission on Human Rights, Experten,
der Sub-Commission on Prevention of Discrimination and Protection
of Minorities, der Commission on Sustainable Development, der
Commission on Social Development, der Commission on Crime Prevention
and Criminal Justice und dem Committee for the Elimination of
Discrimination against Women, sowie vielen anderen. Heftigst umstritten
ist die Aufnahme der Forderung nach einer "gender analysis" (Geschlechteranalyse).
Uneinigkeit besteht bei der Nicht-Anerkennung der systematischen Diskriminierung, der Frauen ausgesetzt sind.
Auch noch als Klammertext stehen folgende Passagen:
*) Anerkennung der universellen Menschenrechte von Kairo und Wien;
*
) Anerkennung der Reproduktionsrechte der Frau;
*) Sensibilisierung für die Diskriminierung von Frauen im Bewußtsein
und im Verhalten von Mann und Frau sind notwendig, um zu einer
harmonischen Partnerschaft zu gelangen;
*) geteilte Verantwortung (inkl. Sexualität und Reproduktionsgesundheit)
auch bei Elternschaft; *) Gewalt gegen Frauen verletzt die Würde
der Frau und verhindert, daß Frauen in den Genuß der Menschenrechte
und der Grundfreiheiten kommen;
*) jede auf gender basierende Gewalt wie sexuelle Belästigung,
Pornographie, sexuelle Sklaverei,.. ist nicht mit den Menschenrechten
zu vereinbaren und muß daher eliminiert werden;
*) Alles was die Menschenrechte der Frau gefährdet, gehört abgeschafft
sowohl im privaten als auch im öffentlichen Leben.
Das Ziel ist es, internationale Normen und Standards zur Förderung
und Sicherstellung des vollen und gleichen Genußes der Menschenrechte
für Frauen einzuführen. Es sollen nationale Aktionspläne zur Förderung
der MR erstellt werden. Nationale Menschenrechtsbildungsaktionen
sollen durchgeführt werden, weiters sollen Frauen mehr Information
über ihre Rechte erhalten. Die Staaten sollen alle Rechte, Strategien
und Regelungen in Bezug auf die Menschenrechte überprüfen.
Neu darin ist der Vorschlag, daß bis zum Jahr 2000 ein "Optional
Protocol to the Convention" erstellt werden soll.
Angestrebt wird die Implementierung der "Convention on the Rights
of the Child" bis zum Jahr 2000.
Es sollen Maßnahmen gegen sexuelle Ausbeutung ergriffen werden.
All diese Punkte müssen auch für indigene Völker, Flüchtlinge,
Vertriebene und Heimkehrerinnen gelten.
Es besteht die Forderung nach Zusammenarbeit aller mit Menschenrechten
befaßten Gruppen und mit UNO Organisationen.
Ziel ist das Sichern von Gleichberechtigung und Nicht-Diskriminierung
durch das Recht, es sollen Gesetze geschaffen werden (auch in
der Verfassung), die allen Frauen die Menschenrechte zusprechen.
Neu hinzukommen könnte der Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen
an Frauen, die aus traditionellen oder gebräuchlichen Praktiken,
kulturellen Vorurteilen usw. resultieren oder religiös bedingt
sind.
Es sollte eine gezielte Menschenrechtserziehung geben; daraus
ergibt sich die Forderung nach Übersetzung aller relevanten Dokumente
in alle Sprachen. Weiters sollten alle NGOs, die sich für Menschenrechte
einsetzen, die Rechte der MenschenrechtsDeklaration genießen.
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10. Ungleicher Zugang von Frauen zu den Medien und daher ungenügende Mobilisierung zur Förderung des Beitrages von Frauen zur Gesellschaft "Inequality in women's access to and participation in all communications systems, especially media, and its insufficient mobilization to promote women's contribution to society"
Ein Kapitel das relativ eindeutige Feststellungen aufweist.
Durch Entwicklungen der letzten Jahre wäre im Bereich der Medien
das Potential vorhanden, die Förderung von Frauen mehr voranzutreiben.
Es sind zwar immer mehr Frauen im Bereich der Medien tätig, aber
kaum in Führungspositionen.
In der Programmgestaltung werden noch immer die üblichen Rollenklischees
sichtbar, daher gilt es, das negative Image von Frauen zu verändern
(z. B. jenes der Frau in der Werbung). Frauen sollten mehr Wissen
und mehr Fertigkeiten im Bereich Medien bekommen.
Das Ziel ist, die Medien zu nützen, um Bewußtsein für Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau zu bilden!
Neu auf diesem Gebiet ist die Hereinnahme der indigenen Frauen.
Umstritten ist die Forderung eines positiven, ausgewogenen und
nicht stereotypen Zeigens von Frauen in den Medien.
Für besonders wichtig wird die Bekanntmachung der Platform for
Action durch die Medien gehalten.
Das "Geschlechtssensible Training für Profis" ist ebenso eine
neue Forderung wie die Erarbeitung von Maßnahmen zur Verhinderung
von Pornographie.
Außerdem sollen mehr Frauen in den Entscheidungsprozeß eingegliedert werden.
11. Unterstützung der Frauen bei der Verwaltung natürlicher Ressourcen und dem Schutz der Umwelt "Women and the Environment"
In diesem Kapitel finden sich wenig große Streitpunkte.
Es wird festgestellt, daß Frauen eine wichtige Rolle in der Entwicklung
des nachhaltigen und ökologisch richtigen Konsums und der Produktionsmuster
spielen. In einem Verweis auf die Umweltkonferenz in Rio wird
die Feststellung getroffen, wie schlecht es um die Erde bestellt
ist.
Die Zerstörung natürlicher Ressourcen hält besonders Frauen davon
ab, Geld zu verdienen und veranlaßt sie, viele unbezahlte Aktivitäten
zu setzen.
Umweltschäden haben negative Auswirkungen auf Gesundheit, auf
das Sich-Wohl-Fühlen, die geminderte Lebensqualität und trifft
in besonderem Maße Frauen und Mädchen.
Besonderes Augenmerk wird auf die Frauen auf dem Land und in der
Landwirtschaft gelegt.
Es ist nur der §172 umstritten in dem es um den Beitrag, den die
Frauen als Erhalterinnen ihrer Familien und Gemeinden leisten,
geht.
Es geht darum, daß Frauen weitgehend abseits aller Maßnahmenformulierungen und Entscheidungspositionen stehen, wenn es um die natürlichen Ressourcen geht. Es gibt kaum Ausbildung auf diesem Gebiet für Frauen.
Betont wird der Einfluß, den Frauen bei der Entscheidung haben, was konsumiert wird. Frauen vermeiden Müll und übertriebenen Konsum.
Maßnahmen, die ergriffen werden, brauchen ganzheitlichen, multidisziplinären und Sektoren übergreifenden Ansatz. Dabei ist die Teilnahme von Frauen und deren Führungsrolle wichtig. Denn: Maßnahmen für nachhaltige Entwicklung könen nur dann erfolgreich sein, wenn Frauen und Männer eingebunden sind. d. h. Frauen in alle Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden. Viele Absichtserklärungen wie: Frauen sollen mehr Zugang zu Info und Bildung in diesem Bereich bekommen; Frauen sollen vor bereits bekannten Umweltrisiken bewahrt werden; Maßnahmen sollen getroffen werden, die Frauen "ermächtigen", als KonsumentInnen wirksame Umweltaktionen zu Hause, in den Gemeinden oder bei der Arbeit durchzuführen; usw.
Frauenumweltprojekte sollten ermutigt werden, ebenso wie die Integration von traditionellem Wissen und Praktiken von nachhaltigem Ressourcengebrauch von Frauen auf dem Land und deren Management.
Es gibt die Aufforderung, umweltfreundliche Technologien einzuführen.
Neu aufgenommen werden soll das Verbot von grenzüberschreitenden
Transporten von gefährlichen oder giftigen Stoffen und Atommüll.
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12. Ständige Diskriminierung und Verletzung der Rechte, des Schutzes und der Entwicklung des Mädchens "Persistent discrimination against and violation of the rights of the girl child"
Diese Thematik ist neu. Erstmals wird festgestellt, daß Mädchen
vielfachen Dikriminierungen ausgesetzt sind.
Noch nicht festgelegt hat man sich auf diverse Formulierungen
wie: Beschneidung, Bevorzugung von Söhnen, Tötung weiblicher Neugeborener,
frühe Heitat, Gewalt gegen Frauen, Prostitution, sexueller Mißbrauch,
Diskriminierung in Bezug auf Nahrungszuteilung und anderen Praktiken.
Mädchen werden oft als minderwertig bezeichnet, das wirkt sich
natürlich negativ auf ihr Selbstwertgefühl aus, was wiederum großen
Einfluß auf ihr weiteres Leben hat. Es werden in den Lehrplänen
Unterschiede bei den Geschlechtern gemacht, bei den Unterrichtsmaterialien,
die Einstellung der Lehrer ist unterschiedlich.
Auch der Satz über die Anerkennung der Rechte, Pflichten und Verantwortung
die Eltern oder Erziehungsberechtigte haben, im Einklang mit der
Convention on the Rights of the Child, ist noch nicht ausverhandelt.
Festgestellt wird eine Diskriminierung von Mädchen gegenüber Buben
bei der Primärbildung (81 von 130 Millionen Kindern ohne Volksschulbildung
sind Mädchen), bei der Sekundärbildung (hier ist das Mißverhältnis
noch größer), bei der Ernährung und dann, wenn es um Entscheidungsprozesse
geht (Mädchen werden weniger ermutigt in Entscheidungsprozesse
einzugreifen).
Der in Kairo 1994 verabschiedete Passus über die Sexualität droht
zu fallen, in dem ein verantwortungsvolles Sexualverhalten, sowie
Sensibilität und Gleichberechtigung in den Beziehungen der Geschlechter
gefordert werden.
In diesem Kapitel wird auch das Problem der "jungen Mütter" zwischen
15 und 19 angesprochen.
Im Bereich der sexuellen Gewalt und bei durch Sex übertragenen
Krankheiten wird der ungenügende Schutz durch Gesetze vor Gewalt,
sexueller Gewalt, Vergewaltigung, sexuellem Mißbrauch, Prostitution
und Mädchenhandel kritisiert.
Weitere Punkte in diesem Kapitel sind behinderte Mädchen und das Problem der Straßenkinder.
Das erste geforderte Ziel ist die Eliminierung jeder Art der Diskriminierung von Mädchen durch die Ratifizierung der UN Konvention zu den Rechten des Kindes und deren Implementierung, Registrierung des Kindes sofort nach der Geburt, entsprevhende finanzielle Unterstützung des Kindes, gleiches Erbrecht für Kinder, egal ob Mächen oder Junge, Heirat nur mit freiem und vollem Einverständnis der Partner u.v.m.
Als weiteres Ziel hat man sich die Eliminierung negativer kultureller Ansichten und Praktiken gegen Mädchen vorgenommen. Dies soll durch Programme, Untertichtsmaterialien usw umgesetzt werden.
Weiters muß es eine Anerkennung des Wertes, der Bedürfnisse und Rechte von Mädchen geben! Es bedarf einer Bewußtseinsbildung der Mädchen hinsichtlich dem Zugang zu Bildung und Training.
Weitere Forderungen in diesem Kapitel sind: die Abschaffung der Diskriminirung bezüglich Gesundheit und Ernährung, die Abschaffung der wirtschaftlichen Ausbeutung von Kinderarbeit, der Schutz von jungen Mädchen bei der Arbeit, das Auslöschen von Gewalt gegen Mädchen.
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Wirft frau einen Blick auf die Zeichen der Zeit, so muß deutlich ausgesprochen werden, daß nach fast 50jähriger, zumindest verbaler Unterstützung von Seiten der UNO und versch. nationaler Regierungen, erstmals Schritte gesetzt wurden, die sicher nicht als frauenfördernd bezeichnet werden können, obwohl die Statistik zeigt, daß unsere Gesellschaft von einer de facto Gleichberechtigung weit entfernt ist.
So wurde von der UNO für die Vorbereitungen dieser Weltfrauenkonferenz nicht mehr Geld zur Verfügung gestellt, als für die vorangegangenen, obwohl erstmals fünf regionale Konferenzen abgehalten wurden. Weiters wurden den NGOs vom Gastgeberland China erstmals Schwierigkeiten organisatorischer Natur in den Weg gelegt, die zuerst auf heftige Kritik und weiterhin zu Verhandlungsbereitschaft im Interesse des Forums führten, den NGOs sehr viel Zeit und Kraft kosteten und, genauer betrachtet, nicht mehr als Selbstverständlichkeiten brachten. Wie bereits eingangs erwähnt, wird die chin. Regierung alle Anmeldungen für das NGO Forum akzeptieren und den NGOs während der Konferenz zwei Satellitentagungsorte in der Nähe der Konferenz organisieren. Erstmals wird es bei einer Weltfrauenkonferenz darum gehen, die bereits in den vorangegangenen UN Konferenzen (Menschenrechtskonferenz in Wien 1993, Weltbevölkerungskonferenz in Kairo 1994, Sozialgipfel in Kopenhagen 1995) erworbenen Zusagen zu festigen. Der Grund dafür liegt darin, daß sich radikale Splittergruppen, wie der Iran und andere islamische Staaten sowie der Vatikan und von diesem beeinflußte Länder zusammengetan haben, um bereits verhandelte Texte zu Fall zu bringen.
Der Auftrag der NGOs für die Vierte Weltfrauenkonferenz, wird für die frauenpolitische Entwicklung von besonderer Bedeutung sein.
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