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Entstehungsgeschichte
In der Idee eines interdisziplinären feministischen Vereins und Frauenforschungs- und Bildungsinstituts, speziell mit den oben genannten Schwerpunkten, vereinigen sich mehrere zeitgeschichtliche, gesellschaftliche, philosophisch-sozialwissenschaftliche Strömungen und Linien, die Geschichte der Frauenbewegung in Naturwissenschaften und Technik sowie die seit den 70er Jahren (mit der ersten sogenannten UNO-"Dekade der Frau") von Frauen lauter erhobenen Forderungen in Hinsicht auf die mit Geschlechter-Blindheit verbundenen Defizite und grundsätzlichen Probleme der im Gefolge der Entkolonialisierung (oder mit ihr) entstandenen "Entwicklungs"politik. Die Idee eines außeruniversitären feministischen Forschungsinstitutes knüpft an die Ideen der sogenannten "Kritischen Theorie" mit ihrem Frankfurter "Institut für Sozialforschung" an(13) , will aber deren Defizite in Hinsicht auf die Geschlechterfrage und bezüglich Naturwissenschaften und Technik (denen sie in ihrer Kritik recht äußerlich blieb) nicht nur vermeiden, sondern diese Themen zum Schwerpunkt der Auseinandersetzung machen. Hintergrund dieser Verknüpfung bilden weiter die Erfahrungen und Ansätze von Frauen in Naturwissenschaften und Technik, die sich in der BRD seit 1977 zunächst einhalbjährlich, dann jährlich zu Erfahrungsaustausch und Diskussion getroffen haben; feministische Naturwissenschafts- und Technik-Kritik war hierbei immer wichtiger geworden und die Notwendigkeit eines entsprechenden eigenen Forschungsinstitutes ebenfalls schon diskutiert worden. In Österreich zum ersten Mal im Rahmen der autonomen Frauenbewegung vorgestellt wurde die Idee von Verein und Institut von mir(14) , die ich die Naturwissenschaftlerinnenbewegung in der BRD und in Österreich wesentlich mit aufgebaut habe(15) , bei der Frauen-Sommeruniversität 1990 in Wien, und es wurde daraufhin eine Arbeitsgruppe von Frauen aus Naturwissenschaften und Technik gebildet. Im Rahmen dieser Gruppe, die sich später "feminate" (Arbeitskreis Feministische Naturwissenschaft und Technik) nannte, wurden die Notwendigkeit und die Problematik der juristischen Form "Verein"einer Vereinsgründung als organisatorischem Rahmen für die geplanten Aktivitäten, die Ziele und die Satzung eines solchen Vereins, die zu vermeidenden Tendenzen (Vereinsmeierei), die wünschenswerten Selbstorganisationsformen (keine Hierarchien!) und insbesondere das von mir vorgeschlagene Konzept und mittelfristige Arbeitsprogramm für das Frauenforschungsinstitut (RLI)(16) , aus dem einige Vorhaben inzwischen bereits verwirklicht worden sind (siehe oben), ausführlich diskutiert. Zu dieser Arbeitsgruppe stießen weitere Frauen, die aus den Sozial- und Geisteswissenschaften kamen und am Bereich "Frauen und 'Dritte' Welt, aber auch an interdisziplinärer Kommunikation und an Frauenforschung und Feminismus überhaupt interessiert waren. Schließlich wurde der Verein für Interdisziplinäre Forschung und Praxis im Februar 1991 als eigenständige Vereinigung ins Leben gerufen und formell gegründet. Dies gleichfalls mit der weiteren Zielsetzung der Stärkung, der Förderung und der lokalen, regionalen und internationalen Vernetzung der feministisch orientierten Frauenforschung in Österreich. Wie hoch die Erwartungen und Bedürfnisse hiernach damals waren, läßt sich daraus ersehen, daß die Zahl der Vereinsmitglieder aufgrund nur einer einzigen Informationskampagne in den ersten 1 1/2 Jahren auf etwa das fünffache anstieg(17) . Später bildeten Mitglieder dieses Vereins und der "feminate" sowie weitere einzelne Frauen die eigenständige Arbeitsgruppe bzw. den Verein "Anakonga" und richteten den ersten österreichischen Kongreß von Frauen in Naturwissenschaften und Technik aus. Es hatte sich bald herausgestellt, daß bei den berufstätigen Naturwissenschaftlerinnen und Ingenieurinnen das Bedürfnis nach Austausch, Reflexion und gegenseitiger Stärkung in Hinsicht auf die persönliche berufliche Arbeitssituation bei weitem stärker war, als das Bedürfnis (oder die Möglichkeit), sich zeitintensiv an einem Frauenforschungsinstitut zu beteiligen, was außerdem mit den "normalen" beruflichen Anforderungen in diesen Arbeitsfeldern (extreme zeitliche Belastung) kaum vereinbar ist; viele der Frauen wollten in ihrem institutionalisierten naturwissenschaftlich-technischen Beruf bleiben und sich dort besser durchsetzen (und nicht etwa "umsteigen", zum Hintergrund siehe unten). Gleichwohl war diese erste Phase eine Zeit, die von sehr viel Euphorie und von einer relativ großen Gruppe von Frauen getragen war, die zu regelmäßigen Plenumstreffen zusammenkamen. Als die Planungen sich im zweiten. Jahr in konkrete Projekte wandelten, machte sich allerdings eine gewisse Konsumentinnenhaltung breit und die meiste Arbeit blieb an sehr wenigen Frauen (zeitweise sogar an nur einer), hängen; es gab weniger allgemeine Rundbriefe und Treffen, diese allerdings zumeist mit Vorträgen verbunden, die auch Gästen von außen offenstanden und gut besucht waren. Einen qualitativen "Spung nach vorn" und damit eine rapide Verbesserung der schwierigen Alltagssituation brachte dann vor im Sommer 1993 die Veröffentlichung des zweiten (mehr als 600 Seiten starken) Bandes unserer Dokumentation/Bibliographie "Frauenforschung International" zu Afrika, denn sie ergab die sehr konstruktive und erfreuliche Mitarbeit und Kooperation des Vereins "Frauensolidarität" und des ÖIE bzw. seiner Schulstelle "Baobab" bei einem weiteren (noch nicht erschienenen) Band dieser Dokumentation. Die derzeitige alltägliche Arbeit für Verein und Institut wird geteilt zwischen fünf bis zehn Personen, wobei noch immer zu viel Arbeit ohne oder für zu wenig Entgelt geleistet wird.
Zur Namensgebung
Warum wir bei unserer Vereinsgründung die Worte "Frau/enforschung"
oder "feministisch" nicht in unseren Namen aufgenommen haben,
sind wir schon oft gefragt worden; es ist insbesondere auch dem
Ministerium des Inneren aufgefallen (es hatte im formellen Verfahren
der Vereinsgründung eine Stellungnahme abzugeben), daß es sich
sich doch wohl um einen Frauen-Verein handele. Dies müsse dann also auch im Namen dieses Vereins
zum Ausdruck kommen, so hatte die Anregung der zuständigen Beamten
gelautet. Da wir aber der Meinung sind, daß es eine Selbstverständlichkeit ist, daß Forschung (und Praxis) von Frauen und für Frauen betrieben
wird, muß dies auch nicht eigens betont werden und wir haben darauf
verzichtet; es heißen ja z.B. die österreichischen technischen
Universitäten auch nicht jeweils "Technische Universität xy für
Männer", obwohl sie de facto Universitäten für Männer sind. Wenn
alle Institutionen, in denen Männer zu mehr als 50% die Entscheidungspositionen
besetzt halten, dazu verpflichtet würden, dies in ihrem Namen
mit dem Zusatz "für Männer" kenntlich zu machen, dann müßte es
z.B. heißen "Technische Universität Wien für Männer", "Bundeskanzleramt
für Männer", "Männer-Kammer für Arbeiter und Angestellte", "Männer-Bundesamt
für Museumsverwaltung", "Österreichischer Rundfunk für Männer",
usw. - dies aber verlangt niemand. Allerdings haben leider auch
manche Frauen Identifikationsprobleme mit unserem Namen - sollte
eine Generalversammlung daher zu dem Schluß kommen, wir sollten
besser z.B. "Verein feministische Wissenschaft Österreich" heißen,
dann kann dies durchaus noch entsprechend geändert werden.
Was den Namen des Frauenforschungsinstituts - Rosa Luxemburg Institut
- angeht, so ist auch dieser Name nicht unumstritten, war aber
derjenige, der die Mehrheit aller Stimmen erhielt. Der Name Rosa
Luxemburg repräsentiert ein Konzept von Wissenschaft, das sich
sozialer Verantwortung verpflichtet weiß; sie steht mit ihrer
Imperialismustheorie für eine kritische Analyse der Gründe für
die sogenannte "Unterentwicklung" der Länder der "Dritten" Welt,
an die im sogenannten "Bielefelder Ansatz" der feministischen
Debatte der 80er jahre wieder angeknüpft wurde; sie hatte eigentlich
Naturwissenschaften studieren wollen und blieb bis an ihr Lebensende
eine begeisterte Botanikerin - so daß also alle unsere Schwerpunkt-Arbeitsbereiche
innerlich etwas mit ihr zu tun haben.
Warum ein außeruniversitäres Institut?
Auch dies sind wir schon oft gefragt worden. Und auch diese Idee
ist unter Frauen nicht unumstritten. So hielt das Frauenministerium
die Einrichtung einer Gastprofessur für Frauenforschung, also
die Integration in eine bestehende (etablierte) Institution zumindest
bislang für den richtigeren Weg, obwohl Gastprofessuren vorwiegend
Lehrtätigkeit und weniger Forschungstätigkeit beinhalten. Und
Frauen der Universität Wien zogen die Einrichtung einer Koordinationsstelle für Frauenforschung (die sie inzwischen durchsetzen konnten)
der Einrichtung eines universitären (Zentral-)Instituts für Frauenforschung vor, damit nicht alle anderen Institute die Frauenforschung darauf
abschieben und sich die Hände in Untätigkeit waschen könnten -
womit sie unseres Erachtens auch recht haben, aber dies Argument
trifft eben nicht die Frage der Einrichtung eines außeruniversitären Instituts, im Gegenteil. Wir gehen davon aus, daß
frauenbezogene neue Inhalte, neue Methoden, neue Ziele und Problemzugänge
besser in anderen als in den herkömmlichen und auf männliche Lebenszusammenhänge
bezogenen Arbeitszusammenhängen und Organisationsfomen entwickelt
werden können, wobei wir nur die Ergebnisse und Fragestellungen
unserer Wissenschaftsanalyse auch auf uns selbst anwenden. Dies
gilt besonders für unsere ersten zwei Schwerpunkte, die innerhalb
der Frauenforschung sonst eher ein Mauerblümchendasein spielen
(müßten). Der Bereich feministische Naturwissenschafts- und Technikkritik
ist außerdem aus vielen Gründen innerhalb der Institution Universität,
d.h. innerhalb von naturwissenschaftlich-technischen Fakultäten,
unter den gegenwärtigen Umständen nicht etablierbar (einige Gründe
siehe unten), allenfalls hie und da ein Lehrauftrag (immerhin!)
ist möglich.
Quadraturen des Kreises
Der Versuch, ein außeruniversitäres Frauenforschungs- und Bildungs-Institut
aufzubauen, kommt einer mehrfachen Quadratur des Kreises gleich.
Denn in einem solchen Versuch kulminieren die besonderen Aufbau-
und Dauerprobleme gleich dreier - zwar jeweils unterschiedlicher, gleichwohl aber ähnlich prekärer
- Unternehmungen, deren problematische Charakteristika sich durch
ihre Verbindung miteinander keineswegs herauskürzen, sondern sich
im Gegenteil noch wechselseitig zu einer Spirale (von Quadraturen
des Kreises) verstärken können: die der außeruniversitären Forschung(18) , die der autonomen Frauenprojekte/Frauenbewegung(19) und die der gemeinnützigen Vereine(20) . Die Verbindung dieser drei Formen ist für unsere Initiative
aber gerade charakteristisch, so daß auch die damit verknüpften
Schwierigkeiten zu lösen sind. Die Ebenen, in denen sich diese
zeigen, können materieller, personeller, inhaltlicher, politischer
und banaler Art sein. Ich will hier nur einige wenige dieser jeweils
miteinander verknüpften Aspekte exemplarisch anführen und zusammenfassen:
? Außeruniversitäre Forschung steht vor gänzlich anderen Ausgangs- und Existenzbedingungen
als die etablierte Wissenschaft an Universitäten, Bundesforschungsanstalten
oder anderen etablierten wissenschaftlichen Einrichtungen. Zu
den Charakteristika dieser Situation gehören unter anderen: Legitimationsdruck
(nicht nur Projekte müssen begründet, sondern auch die eigene
Existenzberechtigung muß ständig neu bewiesen werden), unsichere
Zukunftsaussichten (bei nicht vorhandener Dauerfinanzierung) und
Erfolgszwang (kein Erfolg - keine Aufträge). Die immer wieder
prekäre finanzielle Unsicherheit und die Notwendigkeit, eine auch
nur minimale materielle Infrastruktur erst schaffen zu müssen,
anstatt auf sie zurückgreifen zu können, führt zu Arbeitsbedingungen,
die in völligem Widerspruch stehen zu den heutigen Mindestvoraussetzungen
jeder forschenden Tätigkeit, auch und gerade dann, wenn sie unkonventionell
bzw. "praxisorientiert" ist. Denn diese kann - soll sie ernsthaft
sein - eben nicht so mal schnell am Feierabend erledigt werden,
sondern erfordert nicht nur viel zeitliches, sondern auch längerfristiges
und verbindliches Engagement also Professionalisierung. Paradoxerweise
messen Förderungsinstitutionen und auch viele "AbnehmerInnen"
bestimmte Leistungen außeruniversitär arbeitender WissenschaftlerInnen
dennoch nach universitärem (hier falschem, weil unangemessenem)
Maß. Wie hoch ist beispielsweise das Honorar für einen wissenschaftlichen
Aufsatz, an dem ein/e außeruniversitäre WissenschaftlerIn ("frei"beruflich)
zwei Monate lang gearbeitet hat? Ganze 0,00 ÖS bzw. DM, wie mir
einmal ein Fachverlag unverblümt schrieb. Denn es wird bei uns
wie selbstverständlich davon ausgegangen, daß mensch ohnehin über
ein (universitäres) Gehalt verfügt und daher keines schnöden Mammons
bedarf - daß es vielmehr reine "Ehre" ist, publizieren zu "dürfen"
(daß den SetzerInnen und DruckerInnen, die das Werk nachher weiterbearbeiten,
Honorar oder Gehalt zustehen, zweifelt hingegen niemand an, und
es fällt dieser Widerspruch auch kaum jemandem/r auf). Mensch
läuft daher immer Gefahr, sich - ggf. auch auf Dauer - sehr unbeliebt
zu machen, wenn sie oder er das ihr oder ihm zustehende Honorar
auch verlangt (wobei womöglich eine zur Texterstellung mit herangezogene
Schreibkraft auch noch aus eigener Tasche gezahlt werden muß,
ohne daß diese Kosten ersetzt würden). Daß dies auch bei feministischen
Redaktionen, Gruppen und Herausgeberinnen häufig so ist, macht
die Situation weder einfacher noch erfreulicher. Die verweigerte
finanzielle Honorierung hat beispielsweise bei mir dazu geführt,
daß mehr ("freiberuflich", d.h. unbezahlt zu erbringende) Angebote
bzw. Aufforderungen für Aufsätze und Bücher einlangen, als von
der zur Verfügung stehenden Zeit her überhaupt verfaßbar sind
(die Klagen mancher festgestellter universitärer Wissenchaftlerinnen
über mangelnde Publikationsmöglichkeiten kann ich nicht nachvollziehen).
? Frau lädt sich mit dem Versuch, ein autonomes Frauenforschungs-
und Bildungs-Institut aufzubauen, zusätzlich noch alle Probleme
auf, die auch für andere Frauenprojekte oder für die Frauenbewegung allgemein charakteristisch sind, wie zum Beispiel die ständige
Überforderung, die aus dem Widerspruch zwischen den eigenen hohen
Ansprüchen und dem Fehlen oder gar gänzlichen Mangel der materiellen
Ressourcen entsteht, die für die Erfüllung dieser Aufgaben notwendig
sind; den Widerspruch zwischen erwünschter und/oder praktizierter
Professionalität und gesellschaftlich erzwungenem "ehrenamtlichen"
Freizeit-Feminismus (projektintern oft verquickt mit dem Widerspruch
zwischen unbezahlter und bezahlter Arbeit); schließlich die Problematik
informeller Hierarchien und nicht (ausreichend) thematisierter
latenter Machtkämpfe bei/trotz/wegen des allseitigen Wunsches
nach harmonievoller Schwesterlichkeit und Gleichheit innerhalb
des Vereins/-Projekts oder im Verhältnis zu Schwestervereinen,
etc. etc. Im Vergleich mit anderen Frauenprojekten stehen wir
auch hier vor einigen spezifischen Erschwernissen. So z.B. vor
dem (nur scheinbar banalen) Problem, daß für die Mitarbeit bei
uns in den meisten Fällen vorher erworbene hohe und Höchstqualifikationen
bzw. Spezialkenntnisse nötig sind, so daß nicht "jedefrau" einfach
so einsteigen kann (und ohne abgesicherte Zukunftsperspektive
auch nicht will) - und eine unbezahlte Zusatzausbildung aller
Interessentinnen von uns weder personell noch finanziell geleistet
werden kann; von den ausreichend hoch qualifizierten Frauen sind
wiederum nur die wenigsten bereit, die für Frauenforschungs-Projekte
aufgrund der Rahmenbedingungen im allgemeinen notwendige (mehrmonatige)
unbezahlte Vorarbeit zu leisten und/oder die Anstrengungen immer
wieder ungesicherter Projektarbeit auf sich zu nehmen(21) . Gerade die jüngeren erwarten sich (verständlicherweise) zunächst
einmal einen sicheren, gut bezahlten (gleichzeitig höchst interessanten)
Arbeitsplatz und sehen oft nicht, welchen Aufwand es bedeutet,
auch nur die minimalen Vorausetzungen dafür zu schaffen. Die Antwort
einer frisch gebackenen Akademikerin mit Examens-Schwerpunkt Frauenforschung
auf die Frage nach ihren Berufsperspektiven mag dies illustrieren:
"Ich suche eine gut bezahlten und total interessanten (= feministischen,
M.M.) Job mit ausschließlicher Eigenverantwortung - natürlich
abgesichert." Feministische Projekte sollen also nicht nur mindestens
so gut bezahlt werden wie in der Privatwirtschaft, sondern auch
noch konzeptuell fertig und bereits bewilligt - sozusagen auf
dem Silbertablett - angeboten werden, so daß sich frau nicht abmühen
muß, sondern ihre interessante Arbeit genießen kann - daß dies
unter den derzeitigen Rahmenbedingungen zwar für den patriarchalen
mainstream der "harten" Richtungen der Wirtschafts-, Natur- und
Technikwissenschaften realistisch ist, aber in der feministischen
Forschung eben gerade nicht, scheint nur der älteren Generation
der Frauenforschungs-Pionierinnen noch von vorneherein klar zu
sein. Ist dennoch eine motivierte und qualifizierte Mitstreiterin
schließlich gefunden, so ist auch dies noch keine Garantie für
das Gelingen eines Projekts: unser zum herkömmlichen Wissenschaftsverständnis
konträrer Ansatz stellt hohe Anforderungen an die Fähigkeiten
zu interdisziplinärer Kommnikation und Kooperation, welche im
allgemeinen nirgendwo vorher gelernt werden - selbst bei günstigeren
Bedingungen, d.h. in materiell abgesicherten nicht-feministischen
interdisziplinär arbeitenden Institutonen, besteht diesbezüglich
zumeist keine zufriedenstellende Sprach-, Kommunikations- und
Kooperationssituation(22) ; bislang konnten wir dies Problem allerdings weitgehend meistern.
- In Hinblick auf feministische Vernetzung besteht eine spezielle
Gefahr, die aus der BRD bekannt ist in bezug auf den Arbeitsbereich
"Naturwissenschaften/Technik": er könnte gerade bei frauenbewegten
Frauen auf Unverständnis bis Ablehnung stossen, da viele diese
Bereiche wegen ihrer gesellschaftlichen Mächtigkeit und ihrer
Auswirkungen auf die Natur(-Zerstörung) für prinzipiell (und unheilbar?)
patriarchal halten - und damit auch die Frauen für gewissermassen
"patriarchal verseucht", die darin noch etwas Interessantes oder
gar etwas Faszinierendes sehen. (Dies hält nicht davon ab, sich
bei Problemen mit elektrischen Anlagen, Computern, Motorrädern,
Pflanzenkrankheiten oder Hormontests vertrauensvoll an die so
böse Verblendeten zu wenden....) Zum Glück hatten wir in Österreich
mit diesem Problem noch nicht zu kämpfen und haben in diesem Aspekt
eher positive Erfahrungen gemacht.
? Die spezielle Organisationsform "Verein" bringt zwar die bekannten
Vorteile eher möglicher Finanzierungsanträge mit sich, dafür aber
auch spezielle Probleme, und zwar insbesondere dann, wenn sie
im Rahmen der Frauenbewegung eingesetzt wird. Denn sie steht als institutionalisierte Rechtsform
in völligem Widerspruch zum Anspruch der (neueren, autonomen)
Frauenbewegung auf spontane, absolut nichthierarchische und eben
gerade nicht institutionalisierte Organisationsformen. Sollen die nach dem
Vereinsgesetz vorgeschriebenen Funktionen daher nur "formal" besetzt
werden und je verschiedene Frauen die jeweilig anstehenden Aufgaben
übernehmen oder sollen die Vorstandsfrauen tatsächlich zu allen
(zeitaufwendigen) Arbeiten verpflichtet werden und so die im Vereinsgesetz
vorgesehene Hierarchie etabliert werden? Was bedeutet dies wiederum
für Zusammenhalt und Kooperation untereinander? Welche organisatorischen
Probleme ergeben sich hieraus? Um die so unterschiedlichen Frauen
mit ihren verschiedenartigen Interessen und Wünschen, die einen
Verein bilden,unter einen Hut zu bringen braucht es mindestens
eine (oder besser mehrere) Vereins-rau(en), die kontinuierlich
die notwendige Integrations-, Kommunikations- und Koordinationsarbeit
leistet(n), also auch das Vereinsbüro kontinuierlich betreut(en).
Dies kann nur mehr schwer ausschließlich ehrenamtlich geleistet
werden. Und wenn die Vereinsform für die Mitgliedsfrauen de facto,
im Gegensatz z.B. zu einem Arbeitsverhältnis, einen völlig unverbindlichen
Charakter hat, da Frau jederzeit austreten oder für ihre "Freizeit"
andere Prioritäten setzen kann, kann dies die Kontinuität und
Durchsetzungsfähigkeit des gemeinschaftlichen Engagements nicht
auch sehr behindern? Ist dauerndes, verbindliches und zeitaufwendiges
feministisches Engagement unter diesen heutigen Umständen von
vielen zu erwarten? Gerade diejenigen Frauen, die für die Frauenbewegung
(und speziell für Initiativen wie unsere) besonders wichtig sind,
stehen in einer Lebensphase, in der sie kräfte- und zeitmäßig
besonders in Anspruch genommen werden durch Examensphase, Familienverpflichtungen,
Berufseinstieg und -aufbau. Erschwerend könnte auch sein, daß
der "Zeitgeist" des Individualismus, des sich-ins-Private-Zurückziehens
und des Hedonismus auch an der Frauenbewegung nicht spurlos vorübergegangen
zu sein scheint ("wenn ich gerade mal Lust habe, dann mache ich
auch mal was in der Frauenbewegung..."). Und ist es noch von vorneherein
klar, was uns als Feministinnen miteinander verbindet und damit
motiviert und stärkt? Anders, als dies in den 70er Jahren in Bezug
auf die Abtreibungsparagraphen der Fall war, gibt es derzeit keine
alle Frauen vereinigenden aktuellen gemeinsamen Ziele, Themen
oder konkret ausmachbaren Feinde und daher eine gewisse allgemeine
Orientierungslosigkeit. Eine inhaltliche gemeinsame Orientierung
für alle Beteiligten zu finden, bleibt daher für die ganze Frauenbewegung
wie auch auch für unseren Verein eine aktuelle Herausforderung
und eine Bedingung für die weitere Arbeit. Die Freiräume, die
wir trotz allem in dieser Gesellschaft haben (nicht zuletzt aufgrund
der von unseren Vorgängerinnen erkämpften formalen Rechte) sind
jedenfalls noch lange nicht ausgeschöpft. Mit den Qualifikationen,
die wir zur Verfügung haben, könnten wir noch viel mehr erreichen
als schon erreicht ist - vorausgesetzt, wir bauen die Angst vor
(den ach so phallokratischen Notwendigkeiten) Strategie und Taktik
ab, organisieren uns besser, setzen unsere power auch ein...
Wie sich die Schwierigkeiten der genannten drei Organisationsformen wechselseitig verstärken und miteinander vermengen, kommt in Hinsicht auf unseren Verein insbesondere in dem Versuch zum Ausdruck, eine Grundfinanzierung für das Frauenforschungsinstitut zu finden, die für dessen längerfristige Fortführung unabdingbar ist, aber schon für jede einzelne der drei oben genannten "Betriebsformen" ausreichend große Probleme beinhaltet.
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