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Dritte Welt

BASICS zu internationaler Frauenbewegung, Frauenpolitik, feministischer Wissenschaft
Begriffe, Definitionen, Konzepte



Was heißt "Genderanalyse" im europäischen Sprachgebrauch, speziell bezogen auf die Entwicklungspolitik der EU?

Der englische Begriff "gender" bezieht sich traditionell auf eine geschlechtsspezifische Rollenzuweisung, mittels welcher weiblichen und männlichen Mitgliedern einer Gesellschaft unterschiedliche Arbeitsbereiche, Optionen und Möglichkeiten normativ zugewiesen und bestimmte Erwartungen an sie gestellt werden. Üblicherweise richtet sich jedes Individuum in etwas unterschiedlicher Weise auf diese Erwartungen ein, kann sich ihnen ganz anpassen, bessere oder schlechtere Kompromisse schliessen, oder sie zu unterwandern oder zu überschreiten versuchen. In der gesellschaftlichen Praxis können sich die Rollenerwartungen über die Zeit - bisweilen auch stark - veraändern.

Mittels der Genderanalyse wird versucht, gesellschaftliche Unterschiede in der Situation der Geschlechter herauszufinden. Diese Ergebnisse werden zur Option der Chancengleichheit in Beziehung gesetzt. Auf diese Weise ermittelte Unterschiede werden im a ngloamerikanischen Sprachraum als gender gaps bezeichnet.

Konzeptuelle Zugänge zur Analyse der Geschlechterbeziehungen in einer Gemeinde oder in einer Region oder einem Land sind

  1. die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung
  2. die Formen oder Arten "produktiver", "reproduktiver" und "gemeinnütziger oder gemeindebezogener" Arbeiten
  3. die unterschiedlichen Zugangs- und Kontrollmöglichkeiten zu den ökonomischen, politischen und zeitlichen Ressourcen und Vorteilen.

Die Genderanalyse ist notwendig, um in Entwicklungsprogrammen und in der Projekt-Praxis Frauen gerechtere sprich bessere Zugangsmöglichkeiten zu deren Ergebnissen und Nutzen ermöglichen zu können.

Daß die Notwendigkeit solcher Analysen in der EU akzeptiert wird, kann als ein Ergebnis des internationalen Aufstandes der Frauen bezeichnet werden, auch wenn dies nicht das eigentliche Ziel der Frauenbewegung gewesen ist.

Jedenfalls betrachtet die Europäische Union von ihren Entschließungen her die Gender-Analyse als ein starkes Instrument von Politik und gesellschaftlicher Entwicklung.

Die Europäische Union hat sich in einer entsprechenden Resolution verpflichtet, dieses Instrument zur Analyse und zur Reduktion von "gender gaps" einzusetzen. Diese Resolution wurde im Dezember 1995 vom Rat der Entwicklungsministerien (Council of Development Ministers) angenommen. In dieser Entschliessung wird vom Rat anerkannt, daß die Abschaffung der existierenden Disparitäten (Ungleichheiten) zwischen den Geschlechtern eine entscheidende Aufgabe jeder Entwicklung(spolitik) darstellt, wenn es um die Ekkektivität vo n (Entwicklungs-)Hilfe und um soziale Gerechtigkeit geht. Denn Frauen seien als Partnerinnen unentbehrlich, wenn die Ziele erreicht werden sollten, welche für die Entwicklungszusammenarbeit im Vertrag von Maastricht festgelegt seien. Die EU hat sich daher verpflichtet, das Instrument der Genderanalyse auf allen Ebenen ihrer Politik einzusetzen.

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Was bedeutet "Empowerment"?

Nach englischen Wörterbüchern bedeutet "empower", jemande/n zu berechtigen, zu autorisieren, zu ermächtigen, oder auch, sie/ihn zu in den Stand zu setzen oder zu befähigen, etwas zu tun oder zu erreichen.

Wenn es um regionale und gesellschaftliche Entwicklung bzw. um Entwicklungspolitik geht, dann ist mit "Empowerment" gemeint, daß benachteiligte Bevölkerungsgruppen dazu ermutigt und besser befähigt werden, die Lebensbedingunge n, unter denen sie leben, zu beeinflussen und zu gestalten.

Empowerment ist immer dann notwendig, wenn Ungleichheiten (Disparitäten) in der Verteilung von Ressourcen, Wissen und Macht bestimmte Bevölerungsgruppen oder Individuen daran hindern, die Verbesserung ihrer eigenen Lebensbedingungen selbstb estimmt, selbsttätig und ziegerichtet in die Hand zu nehmen. Maßnahmen in diese Richtung können zum Beispiel in der Beratung und Unterstützung in der Entwicklung oder stärkung eigener Organisationsstrukturen bestehen oder Ausbildungsangebote beinhalten oder darin, das Verständnis für die eigene Lebenssituation zu fördern.

In der Entwicklungszusammenarbeit beruht das Konzept des Empowerment auf der Erfahrung, daß ohne ein solches Empowerment alle noch so wohlgemeinten Bemühungen von EntwicklungsexpertInnen und Entwicklungshilfe zur Verbesserung der Lebensbedingungen benachteiligter Gruppen keine nachhaltige Wirkung haben können.

ExpertInnen der Entwicklungshilfe sind sich allerdings oft nicht sehr einig darin, was unter "Empowerment" konkret zu verstehen sei: Einige meinen damit vor allem wirtschaftliche, andere vor allem technische Aspekte, und dritte vorrangig gesellschaftspolitische Aufgaben. Es kommt also darauf an, die inneren Wechselbeziehungen dieser Faktoren besonders zu berücksichtigen und auf keinen Fall aus den Augen zu verlieren.

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Gender mainstreaming - Definition und fünf Prinzipien und Hilfsmittel zur Verwirklichung

Was heißt "Gender mainstreaming" (GM)? GM stellt eine langfristige Strategie dar, welche im Rahmen einer umfassenden Gleichstellungspolitik die gesetzlichen Maßnahmen und die gezielte Förderung von Frauen ergänzen soll. Gender mainstreaming hat dabei den Zweck, Barrieren zu identifizieren, welche die Gleichstellungung von Frauen und Männern hemmen, und Ansatzpunkte sowie "good practices" der Gleichstellungspolitik festzulegen und diese politisch auf allen Ebenen und in allen Phasen von Entscheidungsprozessen und Maßnahmen umzusetzen. Der Begriff "Gender mainstreaming" wurde bei der Weltfrauenkonferenz in Beijing ("Peking") 1995 entwickelt. Als eine Methode, um die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen, wurde GM 1997 in den "Amsterdamer Vertrag" der EU aufgenommen. In diesem Vertrag wurde die Gleichstellungspolitik zu einem Grundprinzip der EU erhoben

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Allgemein gibt es fünf Prinzipien des Gender mainstreaming:

  • Einbau von Gleichberechtigung in die Kultur und Organisation. Das heisst: Gleichheit muß zum selbstverständlichen Bestandteil der alltäglichen Praxis und Organisationsformen werden.
  • Behandlung der Angestellten als ganzer Person. Das heisst u.a.: Berücksichtigung der lebenszeitlichen Entwicklung, von Fortbildung und familiären Verpflichtungen.
  • Respekt und Würde. Das heisst: Ausarbeitung eines überzeugenden und strikten Vorgehenskataloges gegenüber sexuellen Diskriminierungen und Belästigungen.
  • Partizipation und Konsultation. Das heisst zum Beispiel, Gleichstellungsbeauftragten und -Kommissionen die Möglichkeit zu garantieren, gehört und mit ihrer Stellungnahme berücksichtigt zu werden.
  • Visionen entwickeln. Diese Aufgabe beinhaltet zum Beispiel, genau zu erkennen, WIE die derzeitigen gesellschaftlichen Systeme und Strukturen, Programme und Politiken Frauen diskriminieren, und Gegenstrategien und Abhilfemaßnahmen zu ersinnen.

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Fünf Hilfsmittel zur Umsetzung des Gender mainstreaming:

  • Gleichstellungs-Indikatoren. Diese beinhalten Datenerhebungen und die Messung von Fortschritten hinsichtlich definierter Ziele;
  • Prüfung und Bewertung des Geschlechterbezuges bzw. der geschlechtsspezifischen Relevanz und Auswirkungen;
  • Aufbau von Zugehörigkeit und Verb indlichkeit auf allen Ebenen der Organisation;
  • Bewußtseinsbildung, zum Beispiel durch Seminare, Einladung von ExpertInnen und mittels Statistiken;
  • Training, Bildung, Erziehung: Diese sind unabdingbar, denn Gender mainstreaming bedeutet, Organisationen zu verändern, und dies geht nur auf der Basis von Lernprozessen und wenn die Beschäftigten entsprechend qualifiziert werden.

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Die Strategie des Gender mainstreaming befindet sich erst am Anfang ihrer Entwicklung, zeitigte jedoch in einigen Sektoren bereits deutliche Erfolge.

Im Bereich der Beschäftigungspolitik ist die Verbindlichkeit für der Gleichstellungspolitik zum Beispiel in der Europäischen Union seit 1996 und insbesondere seit dem 1997 verabschiedeten Vertrag von Amsterdam sehr gestiegen. Den anfänglichen Willensbekundungen folgten explizite Verpflichtungen der Europäischen Kommission zur Berücksichtigung der Dimension Chancengleichheit im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie und in den Allgemeinen Verordnungen zu den Strukturfonds.

An den Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen bedarf es noch einiger Anstrengungen, Chancengleichheit als Selbstverständlichkeit in die wissenschaftliche Kultur und Personalpolitik zu integrieren.

(Quellen: "esf-news", Nr. 11, Wien, August 2000, S. 6-7; Chapter 7 des ETAN-Reports nach "News from NIKK", No. 1, 2000, S. 5; alpha Nr. 78, Sept./Okt. 2000, S.1). - Weitere Literaturangaben siehe unten unter Literaturhinweise.

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Gender and Development (GAD) Training

Das Gender training stellt eine Voraussetzung dafür dar, daß entwicklungspolitische Aktivitäten erfolgreicher durchgeführt werden können. Die vorhandenen Geschlechterbeziehungen sollen als solche und speziell in ihrer Bedeutung für den Entwicklungsprozeß besser verstanden werden. Dies heißt unter anderem, entsprechende Informationen und Analysen zur geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und den Geschlechterbeziehungen zu sammeln bzw. zu erarbeiten, die vorrangigen Ziele der weiblichen und der männlichen Mitglieder der Region oder Lokalität festzustellen und zu benennen ("identify and adress priorities") und ausdrücklich darauf zu achten, daß die Position der Mädchen und Frauen verbessert wird. Dies beinhaltet selbstverständlich einen partizipatorischen Ansatz, welcher gleichzeitig das Wissen und die Erfahrung der sogenannten "Betroffenen" als "soziales Kapital" (Bourdieu) würdigt und berücksichtigt.

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Literaturhinweise (einschließlich "Checklisten" zu Genderanalyse und/oder Gendertraining):


RLI-Publikationen über Frauen und Entwicklungspolitik

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