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RLI Veranstaltungen

ABSTRACT zum Vortrag von Margarete Maurer (RLI)

beim 5. Symposion zur Geschlechterforschung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel:
The Nature of Gender - The Gender of Nature
10.-12. November 2000:

"Zur Konstruktion des biologischen Geschlechts und seiner Fundierung in der modernen Hirnforschung: eine De-konstruktion"

 

Ausgangspunkte
Während in der sozial- und kulturwissenschaftlichen Frauenforschung das dualistische Zweigeschlechtermodell und die damit konstruierten Dichotomien vielfach mit Erfolg infragegestellt worden sind, meinen viele, diese Dekonstruktion sei zwar für »gender«, das »kulturelle Geschlecht« sinnvoll und notwendig, nicht jedoch für die biologische Bestimmung der Geschlechtszugehörigkeit (»sex«). Demgegenüber gehen einige feministische Biologinnen davon aus, daß es gerade aus biowissenschaftlicher Sicht »mehr als zwei Geschlechter« gibt (z.B. Fausto-Sterling 1993). Grundlegende Fragen meines Beitrags lauten daher:

Fragestellungen

Bearbeitungsweise
Es wird v.a. auf jüngste Lehrbücher der Humanbiologie und/oder Medizin sowie auf die aktuelle biowissenschaftliche Fachliteratur Bezug genommen. Konzepte, Darstellungsweisen und Schlußfolgerungen unterschiedlicher biologischer Disziplinen, welche - wie Hirnforschung, Genetik, und Endokrinologie - zur Definition und wissenschaftlichen Konstruktion des Geschlechterkonzeptes beigetragen haben, werden kritisch analysiert sowie aus der Sicht der Frauenforschung bewertet.
Zunächst wird anhand der wichtigsten biowissenschaftlichen Klassifikationskonzepte erläutert, was Geschlechterdifferenz und "sex" in der Biologie bezeichnen. Biowissenschaftliche Repräsentationen von "Geschlecht" beziehen sich nämlich auf unterschiedliche Untersuchungsebenen: die genetische oder chromosomale, die gonadale nach der Art der Keimdrüsen, die morphologische oder körperliche, die hormonelle, und zum Teil auch die verhaltensbiologische und schließlich die gehirnanatomisch- und gehirnphysiologische Ebene.
Es wird diskutiert: Wie hängen diese Untersuchungsebenen bzw. -perspektiven im Detail und logisch miteinander zusammenhängen? Wie sind sie zu bewerten? Welchen Stellenwert hat dabei aus biologischer Sicht die "Erfindung der Sexualität"?
Weiter wird untersucht: Wenn sich die Attribute "weiblich" und "männlich" auf ganze Individuen bzw. auf ganze Organismen beziehen, können dann diese Zuschreibungen überhaupt auf einzelne Zellen oder auf Zellgruppen, Körperorgane oder -teile (wie das Gehirn) sinnvoll angewendet werden?

Ergebnisse
»Sex« stellt kein fixes Kriterium dar, sondern ein fließendes und variables Muster. Dabei spielen raum-zeitlich unterschiedliche Konzentrationsgefälle von Hormonen und anderen Stoffen eine bedeutende Rolle.
Aus biologischer und wissenssoziologischer Sicht müssen wir annehmen, daß der Geschlechtszugehörigkeit einer Person - und die mehr Möglichkeiten enthält als nur »männlich-weiblich« - zwar die Bedeutung eines Teilaspektes mit einer begrenzten Bedeutung zukommt (v.a. für die reproduktiven Funktionen), aber (außer in einem trivialen Sinne) die Sprechweise vom entweder »männlichen« oder »weiblichen« Gehirn bei weitem übertrieben ist. Solche Zuschreibungen werden der Komplexität des Gehirns nicht gerecht. Auf einen Sexualdimorphismus des Gehirns als vermeintlichen Grund kann sich das binäre Geschlechtermodell daher nicht stützen.
Vielmehr müßte ein korrekter Begriff des Menschen die vorhandene biologische Vielfalt konzeptuell berücksichtigen und von der strikten Norm »weiblich oder männlich und sonst nichts« abgehen. Was folgt daraus für die sex-gender-Debatte? Nicht nur aus sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive, sondern auch aus biologischer erweisen sich universell und binär konstruierte Geschlechterkonzepte und Geschlechtszuschreibungen als überholungsbedürftig. Das Zwei-Geschlechter-Modell - besonders in Bezug auf den Menschen - muß erweitert oder kann als hinfällig betrachtet werden. Auch wenn es in der heutigen dualistisch durchsexualisierten westlichen Welt als recht schwierig erscheinen mag, sich etwas anderes als die zwei bekannten Geschlechter »männlich« und »weiblich« vorzustellen.

 

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