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GLOBAL DENKEN, INTERNATIONAL HANDELN

Die Bedeutung von Rosa Luxemburg im Zeitalter der Globalisierung.



von Trautlind Klara Schärr

(Vortrag für das Rosa-Luxemburg-Institut (RLI), im Rahmen der Rosa-Luxemburg-Tagung der Ernst-Bloch-Gesellschaft "Kritik, Ironie und tiefere Bedeutung -
Zum Werk Rosa Luxemburgs aus heutiger Sicht", in Berlin, am Samstag, den 20. Oktober 2001)


Am 5. März 2001 wäre Rosa LUXEMBURG 130 Jahre alt geworden. Sie hat zwar das, was wir heute "Globalisierung" nennen nicht mehr erlebt, aber bereits "globale Analysen" ihrer Zeit vorgenommen. Auch wenn sich Quantität und Qualität der Globalisierung in den letzten zwanzig Jahren stark verändert haben, so findet Globalisierung doch schon seit dem 16. Jahrhundert statt, zum Teil schon vor den Entdeckungsreisen von Christoph Columbus.
Vehement hat sich Rosa LUXEMBURG zu den globalen Bestrebungen ihrer Epoche geäußert: sie sprach den herrschenden europäischen Klassen das Recht ab, die indianische Bevölkerung Nordamerikas zu überfallen und auszurotten, bzw. ihre Interessen auf deren Territorien durchzusetzen. Sie analysierte am Beispiel Chinas (vom Opiumfeldzug bis zum internationalen Feldzug gegen den Boxeraufstand), Indiens und Algeriens, wie der "friedliche Handel Märkte" erobert. Am Beispiel der USA, Kanadas und Südafrikas hatte sie bereits die Methoden aufgedeckt, mit denen indigene Völker um ihr Land, ihre Freiheit und ihr Leben gebracht wurden, wie die Naturalwirtschaft von der einfachen Warenwirtschaft verdrängt wird und das Kapital die Bauern vertreibt. "Kaum ein Verbrechen" schrieb sie, "bis hin zur Kriegsmetzelei bleibt in diesen wirtschaftlichen Umwälzungen zur Realisierung des Mehrwerts ausgelassen."

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Diesen Imperialismus sah Rosa LUXEMBURG als zwangsläufiges Stadium eines jeglichen Kapitalismus, der ohne "Expansion nicht möglich sei". Kapital muß sich ständig verwerten, und "Profit abwerfen". Die Akkumulation des Kapitals sorgt dann schließlich für den Konkurrenzkampf im Weltmaßstab um die Reste der Akkumulationsbedingungen (z. B. Absatzmärkte, BilliglohnarbeiterInnen). Sie schrieb: "Der Imperialismus ist ebensosehr eine geschichtliche Methode der Existenzverlängerung des Kapitals wie das sicherste Mittel, dessen Existenz auf kürzestem Weg objektiv ein Ziel zu setzen. Damit ist nicht gesagt, daß dieser Endpunkt pedantisch erreicht werden muß. Schon die Tendenz zu diesem Endpunkt der kapitalistischen Entwicklung äußert sich in Formen, die die Schlußphase des Kapitalismus zu einer Periode der Katastrophen gestalten." [1] Mit Zeitangaben für die Dauer dieses Prozesses hielt sie sich wohlweislich zurück.
Mit dem Jahr 1989 kann die Herstellung der kapitalistischen Weltwirtschaft als abgeschlossen gelten. 1997 sagt UNO-Generalsektretär Butros BUTROS-GALI: "Wir leben inmitten einer weltweiten Revolution. Unser Planet steht unter dem Druck von zwei ungeheuren, einander entgegengesetzten Kräften: der Globalisierung und der Zersplitterung. Die Geschichte offenbart, daß diejenigen, die mitten im revolutionären Wandel stecken, nur selten dessen endgültigen Sinn verstehen."

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Rosa LUXEMBURG gehört für mich zu den Menschen, die sich bemüht haben, den revolutionären Wandel der Welt nicht nur zu untersuchen und zu verstehen, sondern möglichst vielen Menschen zu erklären, nach welchen Regeln und Gesetzen er sich vollzieht und wohin er führen wird. Vor allem den am meisten betroffenen und unterdrückten Menschen, nämlich dem "internationlanen Proletariat". Sie hat nicht nur sich selbst ironisch als "Ein Land der unbeschränkten Möglichkeiten" bezeichnet, sondern auch beim "Proletariat" grenzenlose Lernfähigkeit vermutet.
Mit ungeheurer Energie hat sie als Wissenschaftlerin, Journalistin, Dozentin und Marxistin versucht, ihren ZeitgenossInnen zu vermitteln, was Kapitalismus bedeutet, welche "Revolutionen" dieses Gesellschaftssystem hervorruft und wer davon wie betroffen ist.
Rosa LUXEMBURG blieb jedoch bei der Betrachtung nicht stehen. Unermüdlich hat sie sich für die Rechte aller sozial Benachteiligten eingesetzt, wie wir heute sagen würden. Unter Einsatz ihrer ganzen Person kämpfte sie gegen Imperialismus, Militarismus und Krieg.
Neu an der Globalisierung im 21. Jahrhundert ist, daß sie mit einer Schwächung der politischer Gestaltungsmacht der Nationalstaaten gegenüber den Marktkräften einhergeht (Deregulierung). Das kapitalistisch-imperialistische Weltsystem kann nicht mehr als ein internationales System von Nationalkapitalen und Nationalstaaten begriffen werden, wie LENIN es sah, indem der jeweilige Nationalstaat die Expansion stützte. Es gibt keine "weiße Flecken" auf der Landkarte mehr, wie die imperialistischen Weltmächte des 19. Jahrhunderts sie vorfanden.

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Es ist deshalb die Frage, ob die Logik der Ökonomie für Unfrieden im Innern der Nationen und für den Krieg zwischen den Nationen verantwortlich gemacht werden kann, wie Rosa LUXEMBURG das sah. Elmar ALTVATER und Birgit MAHNKOPF halten die imperialen Analysen von LENIN und LUXEMBURG nur dann noch für aktuell, wenn zwischen Transnationalisierung, Internationalisierung und Globalisierung streng unterschieden wird. [2]
Unter "Globalisierung" wird grob verstanden, daß zunehmend weltumfassend mit Waren, Dienstleistungen und Kapital gehandelt wird. Der Welthandel hat sich zwischen 1984 und 1996 verdoppelt. Konzerne wie Toyota, Siemens oder McDonald's konkurrieren auf dem Weltmarkt gegeneinander, der Anteil der Produktion, die über Landesgrenzen hinweg gehandelt wird, stieg von sieben auf siebzehnProzent. Es ist also ein steigender Trend zur Internationalisierung auf den Warenmärkten zu beobachten.
Wirklich global ist aber nur der Kapitalmarkt. Von jedem Ort der Welt aus können die Kursdaten der verschiedenen Finanzbörsen abgerufen, Aktien, Währungen und Schuldverschreibungen gekauft und verkauft werden. Die neue Dimension der Beweglichkeit von Kapital ist durch die Informationstechnologien (Satelliten, Internet) und vor allem durch den Abbau von gesetzlichen Bestimmungen gegen Kapitaltransfer möglich geworden.
Ich fasse zusammen: wirtschaftliche "Gloabilisierung" ist im Kern durch drei Faktoren gekennzeichnet:
1. eine noch nie dagewesene globale Mobilität von Kapital,
2. eine starke Erhöhung des Warenaustausches zwischen den Industriestaaten,
3. einer neuen Unternehmenspolitik bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungen, dem sogenannten Outsourcing, das durch Waren- und Kapitalmobilität erst möglich geworden ist.

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"In Zeiten der Globalisierung haben die Unternehmer "Exit-Optionen", die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften nicht besitzen." [3] Wie Gerald BOXBERGER und Harald KLIMENTA in ihrem Buch "Die 10 Globalisierungslügen" aufzeigen hat dieser Prozeß politische Folgen: Gewaltige Machtpotentiale entstehen jenseits von Parlamenten und Regierungen, die ohne jede demokratische Legitimation sind. Großkonzerne sichern sich Staatsaufträge, Steuererleichterungen und Subventionen. Bei Nichtgewährung drohen sie mit dem Abbau von tausenden von Arbeitsplätzen oder mit Standortverlagerungen. Investiert wird dort, wo Infrastruktur, Vergünstigungen und Sozialabbau die meisten Vorteile, sprich, größten Profite, versprechen. Der vielzitierte Wettbewerb steht in Frage, da die Positionen der nationalen und regionalen Kartellämter immer schwächer werden. Viele Zuständigkeiten liegen heute bei der - sehr viel großzügigeren - EU-Wettbewerbskommission in Brüssel, was großen Industriekonzernen nützt!
Pierre BOURDIEU nennt die "Globalisierung" einen Mythos im starken Wortsinne, einen Machtdiskurs, eine Vorstellung die gesellschaftliche Macht besitzt, eine entscheidende Waffe der Kämpfe gegen die sozialen Errungenschaften der Nationalstaaten: "Die europäischen Arbeiter, wird gesagt, müssen sich dem Wettbewerb mit den Arbeitern der ganzen Welt stellen. Man weist dabei auf Länder, in denen es keinen Mindestlohn gibt, in denen 12 Stunden am Tag gearbeitet wird, für einen Lohn, der zwischen einem Viertel und einem Fünfzehntel des europäischen Lohns beträgt, in denen es keine Gewerkschaften gibt, in denen man Kinder arbeiten läßt. Und im Namen dieses Modells verlangt man von ihnen größere Flexibilität, ein anderes Schlüsselwort des Liberalismus, das Nachtarbeit, Wochenendarbeit, Überstunden meint, all die auf ewig in den unternehmerischen Träumen wiederkehrenden Dinge." [4]
Und wie sieht die Situation in der Bundesrepublik Deutschland aus? In einem der reichsten Industrieländer sinkt der Lebensstandard vieler Menschen. Etwa vier Millionen Arbeitslose und rund fünf Millionen Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, davon ein Drittel Jugendliche und Kinder. Die durchschnittlichen Einkommen von Arbeitern und Angestellten liegen auf dem Niveau von vor 15 Jahren mit fallender Tendenz. Damit ist eine ständig wachsende Zahl von Menschen von den gesamtgesellschaftlich erwirtschafteten Reichtümern ausgeschlossen.

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Höchste Zeit, daß eine breite öffentliche und internationale Diskussion über die wünschenswerte Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung im Sinne eines antikapitalistischen demokratischen Weges beginnt. Dafür steht Rosa LUXEMBURGS Name. Sie hat eingegriffen in unabgegoltene Prozesse. Sie fordert das "Noch-Nicht" (Ernst BLOCH) einer "befreiten zivilen Gesellschaft und einen humanen Sozialismus im Weltmaßstab ein." [5]
Als politische Journalistin hat Rosa LUXEMBURG versucht, mit ihren Artikeln ArbeiterInnen zu erreichen. Dabei blieb sie Anhängerin journalistischer Sorgfaltspflicht. Diese Haltung und ihr konsequenter Internationalismus führten ebenso zu Brüchen mit Redaktionen wie zu Brüchen in der journalistischen Karriere, z. B. in Polen bei der Zeitschrift "Sache der Arbeiter", oder bei Karl KAUTSKYS "Neuer Zeit". Rosa LUXEMBURG fühlte sich der "sozialistischen Internationale" verpflichtet, der die europäischen Arbeiterbewegungen angehörten. Sie fühlte und dachte in internationalen Zusammenhängen. Einen Hauptgrund für das Scheitern der deutschen Sozialdemokratie sah sie darin, daß "in ihr der internationale Geist nicht entwickelt war." Das gründliche Versagen der deutschen Sozialdemokratie, die am 4. August 1914 zum ersten Mal Kriegskredite bewilligte und ein Bündnis mit dem Kaiser und dem Militär einging, und der Zusammenbruch der Internationale, war ein schwerer Schlag für Rosa LUXEMBURG.

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In der unter Pseudonym im Gefängnis geschriebenen JUNIUS-BROSCHÜRE rechnet sie unter dem Titel "Die Krise der Sozialdemokratie" scharf mit dieser ab: "Nirgends ist die Organisation des Proletariats so gänzlich in den Dienst des Imperialismus gespannt, nirgends wird der Belagerungszustand so widerstandslos ertragen, nirgends die Presse so geknebelt, die öffentliche Meinung so erwürgt, der wirtschaftliche und politische Klassenkampf der Arbeiterklasse so gänzlich preisgegeben wie in Deutschland"... "Jetzt fallen Millionen Proletarier aller Zungen auf dem Felde der Schmach, des Brudermord, der Selbstzerfleischung, mit Sklavengesang auf den Lippen"... "Aber wir sind nicht verloren, und wir werden siegen, wenn wir zu lernen nicht verlernt haben. Und sollte die heutige Führerin des Proletariats, die Sozialdemokratie, nicht zu lernen verstehen, dann wird sie untergehen, um den Menschen Platz zu machen, die einer neuen Welt gewachsen sind." [6]
Einem Denken der sozialdemokratischen Parteispitze, das "bestimmte gesellschaftliche Prozesse als zu "automatisch" ansah, erteilte sie immer wieder klare Absagen. Für sie gab es "Entwicklungsgesetze", die jedoch von Menschen gemacht waren, und durch deren Handeln durchgesetzt werden (oder nicht). Bei Rosa LUXEMBURG gab es keinen blinden "Automatismus", durch den irgendwann der Kapitalismus in den Sozialismus umgewandelt wurde. Sie bestand darauf, daß revolutionäre Bewegungen nicht "gemacht" werden - auch nicht vom besten Zentralkomitee einer Partei -, sondern unter bestimmten historischen Bedingungen "spontan ausbrechen". Aber sie hat keine "Spontaneitätstheorie" entwickelt, wie ihr gewerkschaftliche Gegner und russische Parteifunktionäre unterstellten.
In einem Artikel der SPD-Zeitung "Vorwärts" wurde schon vor dem 15. Januar 1919 kaum verhüllt zur Ermordung von Rosa LUXEMBURG und Karl LIEBKNECHT aufgerufen. Bewaffnete ArbeiterInnen besetzten daraufhin die Redaktionsgebäude des "Vorwärts" und bürgerlicher Hetzzeitungen. Diese und alle weiteren Massenproteste wurden von EBERT und NOSKE mit Hilfe von Freikorps-Einheiten ebenso niedergeknüppelt wie die Arbeiter- und Soldatenbeiräte entmachtet. [7] So kann der Rosa-Luxemburg-Biograph Peter NETTL nur noch feststellen: "Was in der Zweiten Internationale an revolutionärem Potential gewesen war, flammte im Nachkriegs-Berlin noch einmal kurz auf und wurde dann von bürgerlicher Reaktion und kommunistischer Gründlichkeit für immer ausgelöscht." [8] Wiederbelebungsversuchen im Gefolge der 68er Jahre war kein Erfolg beschieden.

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Inzwischen mehren sich angesichts der "Globalisierung" kritische Stimmen und Plädoyers für internationale Zusammenschlüsse. Aber wie soll das heutige Attraktionsmodell aussehen, nach dem der "Realsozialismus" gescheitert ist? Die "Diktaturen des Proletariats" waren überwiegend Diktaturen der Partei, wie auch Rosa LUXEMBURG sie abgelehnt hat. Bescheidene gesellschaftliche Ansätze zur Vergesellschaftung der Produktionsmittel waren eher in Ländern jenseits des "Realsozialismus" feststellbar, z. B. wenn marode Firmen von Betriebsangehörigen übernommen wurden, wie die LIP-Uhrenfabrik in Frankreich oder der Vulkan in Bremen.
Im Prozeß der vorwiegend ökonomischen Globalisierung müsste ein neuer, zumindest europaweiter Internationalismus erfunden werden, der vor jenem Rückfall in den Nationalismus bewahrt, den Rosa LUXEMBURG bekämpft hat. Es müsste darum gehen, Institutionen einzurichten, die die Macht der Finanzmärkte wirksam beschränken könnten und jeden Rückschritt im Bereich der sozialen Errungenschaften wirkungsvoll verbieten könnten. Es gilt also, die organisatorischen Grundlagen eines wirklich kritischen Internationalismus zu schaffen, der stark genug ist, sich dem Neoliberalismus entgegenzustellen. [9]
Rosa LUXEMBURG würde die "Arbeitslosenbewegung" sicherlich als eine Revolte der betroffenen Massen sehen, die diese wieder zu handelnden Subjekten macht, und nicht wie Pierre BOURDIEU als ein "gesellschaftliches Wunder". Dennoch kann ich angesichts des durch reichliche Untersuchungen nachgewiesenen Fatalismus von Arbeitslosen die Begeisterung von BOURDIEU verstehen, die er in dem 1998 erschienen Artikel "Die Arbeitslosenbewegung - Ein gesellschaftliches Wunder" zum Ausdruck bringt. Ich teile seine Einschätzung, wie bedeutend diese Bewegung ist, die die Arbeitslosen und die zunehmende Anzahl der prekär Beschäftigten "der Unsichtbarkeit, der Isolation, dem Schweigen" entreißt. Diese Bewegung erinnert alle daran, daß Massenarbeitslosigkeit und die Bedrohung, die sie auf alle ausübt, die noch Arbeit haben, eine der Grundlagen unserer Wirtschafts- und Sozialordnung darstellt. [10]

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Der "französische Sonderfall", wie BOURDIEU ihn nannte, hatte bereits 1999 beim "Marsch gegen den Euro" von Skandinavien über die BRD bis Italien und Spanien Zuspruch und Unterstützung durch viele europäische Arbeitsloseninitiativen bekommen. Ich habe selbst an diesem Euromarsch und seiner Vorbereitung teilgenommen und das Engagement und die Kreativität vieler arbeitslosen "KollegInnen" kennengelernt. Auch bei Protestveranstaltungen gegen das MAI, das mulilaterale Abkommenfür Investoren, erlebte ich Aufklärungsversuche im Sinne von Rosa LUXEMBURG und Ansätze für einen neuen Internationalismus.
Zum Ende des 20.Jahrhunderts hin gab es immer mehr transnational agierende Protestbewegungen. Das Thema "Globalisierung und Neoliberalismus" hätten zwar nach den Protesten in Seattle eine größere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit erfahren, hinsichtlich der negativen Auswirkungen des Globalisierungsprozesses, aber von einer Anti-Globalisierungsbewegung könne nicht gesprochen werden, meint der Soziologe Dieter RUCHT. Viele Gruppen und Netzwerke, wie z.B. Attac und weed, hätten mit ihren Solidaritätsbekundungen mit Bewegungen und Gruppen in anderen Ländern und mit ihren Forderungen nach einer Demokratisierung von transnationalen und internationalen Regierungsorganisationen einen ausdrücklich pro-globalen Charakter.Es müsse sich allerdings noch herausstellen,ob diese Globalisierungsbestrebungen von unten, zu denen auch das transnational agierende Netzwerk Peoples Global Action (PGA) gehört, über einen längeren Zeitraum Bestand haben und sich effektiv an inhaltlichen und strukturellen Veränderungen bestehender gesellschaftlicher Verhältnisse beteiligen können.

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Die neuen Medien bieten sich lokalem, nationalem und internationalem Engagement als Hilfsmittel zur besseren Vernetzung an. Ob daraus stabile transnationale Aktionsnetzwerke entstehen, bleibt abzuwarten. VertreterInnen von medico international, Transparancy International, PGA, weed, Erlassjahr 2000 und Attac versprechen sich einiges von den neuen Kommunikationsmöglichkeiten.
Die "vernetzte Welt" macht es uns einfacher, uns die Lebens-und Arbeitsbedingungen weniger privilegierter Menschen in nichteuropäischen Staaten zu vergegenwärtigen. Wenn wir ihre Bewegungen verstehen und von ihnen lernen wollen, verlangt das von uns, "koloniale, rassistische und paternalistische Haltungen gegenüber der sogenannten Dritten Welt kritisch zu hinterfragen, zu bekämpfen und zu überwinden." [11] Erst dann sind wir auf dem Weg, global zu denken und können versuchen, international zu Handeln, nicht-diskriminierend und solidarisch, wie Rosa LUXEMBURG es verstand.


Anmerkungen

1. Rosa LUXEMBURG: Gesammelte Werke, Band VI, Berlin (Ost) 1973, S. 361.

2. Elmar ALTVATER/Birgit MAHNKOPF: Grenzen der Globalisierung: Ökonomie, Ökologie und Politik in der Weltgesellschaft, Münster 1977, S. 36, 37.

3. Elmar ALTVATER in : Turbo-Kapitalismus, Hamburg 1997, S. 63.

4. Pierre BOURDIEU: Gegenfeuer: Wortmeldungen im Dienste des Widerstands gegen die neoliberale Invasion, Konstanz 1998, S. 53, 54.

5. Margarete MAURER: »Ein Land der unbeschränkten Möglichkeiten«. Zur Aktualität Ro-sa Luxem-burgs heute, in: DIES. (Hg.): Rosa Luxemburg: »Ich bin ein Land der unbeschränkten Möglich-keiten«, Wien (RLI-Verlag) 1999, S.9.

6. Zitiert nach Charlotte BERADT (Hg.): Rosa Luxemburg im Gefängnis, Frankfurt/M. 1973,S. 25f.

7. Michael PRÖBSTING: Deutschland 1918/19: eine verpaßte Chance. Historischer Hintergrund-bericht, in: Margarete MAURER: (Hg.): Rosa Luxemburg: »Ich bin ein Land der unbeschränkten Möglichkeiten«, Wien (RLI-Verlag) 1999, S. 91/92.

8. Peter NETTL: Rosa Luxemburg, Köln–Berlin 1967, S. 466.

9. Pierre BOURDIEU 1998, a.a.O., S.61.

10. Pierre BOURDIEU 1998, a.a.O., S.124.

11. Margarete MAURER, a.a.O, S. 9.

 

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